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sich schon nicht gerade sorgfältig zusammengefügte Bema wurde in späterer Zeit
noch arg verstümmelt, als man die Orchestra des Theaters in ein Wasserbassin ver-
wandelte422.

In den Resten des Phaidrosbemas ist uns gleichwohl der Typus einer römischen
' Pulpitumdekoration erhalten, der eine merkwürdige Ähnlichkeit mit der Dekoration
| des untersten Streifens des Velletrisarkophages besitzt. Gewiß geht die Dekoration
des Bemas nicht auf den Sarkophag von Velletri zurück, der seinerseits nicht vom
Bema abhängig sein kann, da er früher ist als dieses. Bleibt der Ausweg eines gemein-
samen Vorbildes. Nun kommt die Dekorationsart, die ein unteres Gesims von
Atlanten tragen läßt, aber auch noch bei anderen Denkmälern vor. Bei dem Säulen-
! Sarkophag mit Heraklestaten im Casino Borghese423 begegnen an den Ecken des
| untersten Streifens, in dem eine Jagd in felsigem Gelände dargestellt ist, kniende
Atlanten. Sie tragen das Gesims, auf dem die Säulenarchitektur ruht, allerdings
nicht mit den Armen, denn sie haben die Hände auf dem Rücken gefesselt424. Ähnlich
den unseren hingegen trägt ein aufs Knie gesunkener Telamon das Gesims des
) Sockels einer bemalten Wand 4. Stils in Pompei425. Demnach war diese Art der
I Dekoration einer Sockelzone allgemeiner verbreitet und nicht nur auf die Theater-
| architektur beschränkt.

Die knienden Atlanten, die das Gesims, auf dem die Scheinarchitektur unseres
Sarkophages ruht, in ähnlicher Weise tragen wie die Atlanten des Phaidrosbemas die
| römische Bühne des Dionysostheaters, sind also nur bedingt als Hinweis darauf zu
werten, daß in dem Sarkophag eine Bühnenfront nachgeahmt ist. Die Ähnlichkeit
I des Bemas zeigt uns nur, daß es einen derartigen Typus der Pulpitumdekoration in
der römischen Antike gegeben hat, daß also auch mit dem Dekorationssystem des
unteren Streifens des Velletrisarkophags die Nachahmung eines pulpitum gemeint
sein könnte. Eindeutige Schlüsse läßt die Lage der Überlieferung nicht zu.

Aber hätte es denn überhaupt einen Sinn, als Vorbild für die Dekoration eines
römischen Sarkophags eine Bühnenfront zu wählen ? Diese Frage muß mit Bestimmt-
heit bejaht werden.

Der Gedanke, der in dem Sprichwort axyjv/] 6 ßto? enthalten ist, welches eines
der Philosophenskelette auf dem Silberbecher aus Boscoreale426 den anderen zuruft,
war in der römischen Antike Allgemeingut der Gebildeten geworden und reicht aus,
den Sinn der Nachahmung einer scaenae frons auf einem römischen Sarkophag zu
1 erklären. Seit Plato in den Gesetzen427, soweit wir sehen, als erster die Menschen mit
i Drahtpuppen der Götter verglichen und im Philebos428 von des Lebens gesamter

422 q Traversari, Gli spettacoli in acqua nel teatro tardo antico (1960) 27 ff.

423 Robert, SR. III 1 Nr. 127.

424 Kniende Atlanten sind auch an den Enden der Steinbalken in Relief angebracht,
auf denen der Orestessarkophag im Lateran steht: Robert, SR. II Nr. 155.

425 Pompeji VI 9, 2 (Casa di Meleagro): Schefold, Vergessenes Pompeji (1962) 119f.
Taf. 69, 2.

426 Schefold, Die Bildnisse der antiken Dichter, Redner und Denker (1943) 166.

427 Plat. nom. p. 644.

428 Plat. Phileb. p. 50.
 
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