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Andreae, Bernard
Studien zur römischen Grabkunst — Heidelberg, 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.15193#0090
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gezeigt, daß dem Ganzen eine bestimmte eschatologische Vorstellung zugrunde liegt,
die sich unter Einbeziehung auch der hypothetischen Ergebnisse etwa in folgender
Weise zusammenfassen läßt:

1. Es gibt göttliche Mächte (so wie sie der Mythos in Jupiter, Neptun und
Pluto personifiziert hat), die über dem Menschen stehen und denen er verpflichtet
ist (er errichtet ihnen Altäre); sie sitzen über ihn zu Gericht (thronendes Toten-
herrscherpaar).

2. Der Mensch ist unsterblich und gelangt nach dem irdischen Tod (durch
Sphinx und Tierkampfgruppen symbolisiert) in ein Jenseits (wie es zum Beispiel die
Mythen von Alkestis, Protesilaus und dem Raub der Proserpina berichten), zu dem

' es durch die Liebe (Eroten) eine Beziehung gibt. Das irdische Leben unter dem Him-
I mel (Caelus) wird von Sonne und Mond (Sol und Luna) erhellt, über dem jenseitigen
( liegt ungewisses Dunkel (Nox und Gorgoneia).

3. Der Mensch, dessen irdisches Dasein auf der Bühne des Lebens (scaenae frons)
i Mühe und Kampf ist (wie das des Herkules), muß (wie dieser) ein gottgefälliges

Leben führen, er darf sich nicht (wie die Giganten) gegen die Götter auflehnen,
sondern muß durch die pietas (des Opfernden) und humanitas (des Hirten) erreichen,
daß er nach dem Tod zum Ort der Seligen (dem Paradiesesgarten) und nicht der
Büßer (wo die Danaiden, Tantalus und Sisyphus weilen) gelangt. Auf der Reise
(Charon) dorthin bedarf er der Helfer (Tritonen und Adler), die ihn freundlich
geleiten.

| Diese Gedanken sind auf dem Sarkophag durch allegorische und symbolische
I Bilder verschiedener Art zum Ausdruck gebracht, wobei die Grenzen zwischen den
einzelnen Arten fließend sind:

1. Allegorien.

a. Mythologische Szenen: Jupiter, Neptun, Pluto und Proserpina, Alkestis,
Protesilaus, Raub der Proserpina, Herkulestaten, Unterwelt.

b. Typische Szenen des wirklichen Lebens: Opfer, Hirtenszene.

2. Symbole:

Stiertötende Viktoria, Adler, Tritonen, Sphingen, Tierkampfgruppen, Giganten,
Palmen, bonus pastor, Eroten.

3. Personifikationen:

Caelus, Sol, Luna, Nox, Gorgoneia.

Wenn ich sage, daß die Grenzen zwischen diesen Arten allegorischer und sym-
bolischer Bilder fließend sind, so trägt das dem Umstand Rechnung, daß auch die
Götter etwas von Personifikationen an sich haben, daß zum Beispiel die Tierkampf-
gruppen ein dem Leben der Natur und die stiertötende Viktoria ein dem Mythos
entnommenes Bild ist. Personifikationen haben schließlich auch oft Symbolcharakter.
Letztlich entsprechen alle diese Bilder jedoch der gleichen Absicht, einen abstrakten
Gedanken im Beispiel sichtbar zu machen. Die verschiedenen Arten der Verbild-
lichung, vor allem die Verwendung von Personifikationen und Symbolen, sind, wie
wir sahen, vielfach nur durch das Dekorationssystem bedingt.
 
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