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Eine kurze entwicklungsgeschichtliche Betrachtung möge die Eigenart der Decke
des Nasoniergrabs deutlicher heraustreten lassen.

Seit Ronczewskis Studien und Aufnahmen des Gewölbeschmucks im römischen
Altertum62 hat man sich nicht mehr im Zusammenhang um die Art und Entwicklung
der Flächengliederung bei Gewölben und Decken im Altertum bemüht. Wir können
diesen Mangel in unserer Studie über das Nasoniergrab nicht ausgleichen, brauchen
dies auch nicht, da, wie wir hören, von anderer Seite eine Gesamtbehandlung des
römischen Deckenschmucks in Angriff genommen wurde. Es sollen deshalb hier nur
in großen Zügen die Hauptarten von Dekorationsschemata, die uns bei den Decken
und Gewölben römischer Gräber begegnen, aufgezeigt und zugleich die Entwick-
lung dieses Dekorationszweiges bis zum Nasoniergrab und darüber hinaus angedeutet
werden.

Ronczewski03 hatte bei seinem Versuch, die verschiedenen Arten der Decken-
gliederung zu charakterisieren, neben den kassettierten Decken im wesentlichen vier
Gliederungsweisen festgestellt, die er mit einzelnen Tafelbeispielen zu belegen ver-
sucht: 1. die architektonische; 2. die dekorative; 3. die geometrische; 4. die rhyth-
mische.

Wenn sich auch in der Tafelanordnung bei Ronczewski Ansätze zu einer richti-
gen Beurteilung finden, so kann man doch nicht umhin, diese Definitionen als voll-
kommen unzureichend und sogar irreführend zu bezeichnen, denn schließlich haben
alle Gewölbedekorationen, wie schon ihr Name sagt, gemeinsam, daß sie dekorativ
sind; manche, die wesentlich voneinander unterschieden sind, haben doch gemeinsam,
daß sie architektonisch sind; die meisten sind geometrisch, viele rhythmisch, und die
Mögüchkeit einer lockeren Flächenfüllung, etwa mit Streublumen, ist völlig außer
acht gelassen. Wir müssen daher eine neue Charakterisierung versuchen.

Die Grundform der Deckengliederung ist die griechische Kassettendecke,
die allerdings nur bei der flachen Decke aus überkreuzten Balken architektonisch
bedingt ist. Aber sie wird im italischen Bereich schon bei den frühesten, im eigent-
liehen Sinn römischen Bauwerken, die „das Wiederauftauchen der kurvigen und
sphärischen Formen nach langer Verdrängung durch die griechische Tektonik in der
Sullanischen Zeit"64 geformt hat, wie zum Beispiel dem Heiligtum der Fortuna Primi-
genia in Praeneste65, auch als Flächenschmuck für Gewölbe verwendet. Damit be-
ginnt eine Entwicklung, die sich konsequent bis in die Spätantike verfolgen läßt. Auf
der einen Seite wird immer wieder die Kassettendecke zur Verzierung sphärischer
Flächen herangezogen; um nur die berühmtesten zu nennen: beim Pantheon60, im
Durchgang des Septimius-Severus-Bogens67, in der Maxentiusbasilika68.

a2 Ronczewski a. O. 28.

63 Ebd. 13.

64 G. v. Kaschnitz-Weinberg, Die mittelmeerischen Grundlagen der ant. Kunst (1944)
51; RM. 59, 1944, 123.

65 Fasolo-Gullini, II santuario della Fortuna Primigenia a Palestrina (1953).

66 Ronczewski a. O. Taf. 3. v. Matt-Andreae a. O. Taf. 23f.

67 Ronczewski a. O. Taf. 1.

68 Ebd. 8 Abb. 4 Taf. 2. v. Matt-Andreae a. O. Taf. 8.
 
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