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ij6

Adler zeigt den günstigen Ort zum Bleiben an, nicht den günstigen Aufbruch. Jetzt
verstehen wir die ganz prägnante Bedeutung dieser Szene.

Denn wessen Schiff ist es, das hier unter besonderem göttlichen Schutz durch
ein günstiges Auspicium geradezu zum Anlegen aufgefordert wird? Man hat schon
längst erkannt, daß der bärtige, im Schiff stehende, größer als die übrigen gebildete
Mann mit dem Schwert in der Linken und dem Pilos auf dem vollen Haar kein anderer
sein kann als Odysseus138. Und nun fällt uns die Proclusstelle139 wieder ein, auf die
wir oben140 hingewiesen haben: .... xod outo? 6 u-ogtixo? öpfio? ty)S ^uX^?j °v
xai 7) izoiy}aic, ayei. tov 'OSuaasa pie-ra ttjv toXXyjv 7rXavv)v t3)$ ^m9)<; . . .

Hier haben wir einen erneuten Beweis für die Richtigkeit unserer These, daß mit
den Hafendarstellungen auf Sarkophagen auf den letzten Hafen als Ziel des Lebens
angespielt wird. So wie Odysseus nach den vielen Irrfahrten seines Lebens endlich in
den Hafen gelangt, was wir auf dem Hafensarkophag links dargestellt sehen, so legen
auch die übrigen Menschen dort an, für die das rechte Schiff stellvertretend steht141.

Das Hafenbild dieses Sarkophags ist also eine Metapher für das Land der Hin-
kunft. Daß sich der Steinmetz bei seiner Darstellung an den Hafen von Portus ange-
lehnt hat, spricht in keiner Weise dagegen142.

Was aber bedeutet in diesem Bild die eigentümliche Mittelgruppe, die uns hier
wieder in einem anderen Zusammenhang begegnet und deren Sinn so schwer zu er-
gründen ist ?

Daß es tatsächlich die gleiche Gruppe wie auf dem Gemälde vom Caelius (1) und
in der Lünette A des von Bartoli überlieferten Grabes (2) ist, unterliegt keinem Zwei-

138 Robert, Hermes 46, 1911, 249ff.; Hermeneutik 273.

139 Procl. in Parm. 5, 312 C p. 805 St.

140 S. o. 138.

la Proclus spricht hier gewiß eine ältere und allgemein verbreitete Vorstellung aus,
so daß man keinen Anstoß daran nehmen darf, daß hier ein Sarkophag des 3. Jhs. n. Chr.
mit einer Dichterstelle des 5. Jhs. n. Chr. erklärt wird. Zur allegorischen Deutung der Odys-
see vgl. F. Wehrli, Zur Geschichte der allegorischen Deutung Homers im Altertum (Diss.
Basel 1928).

142 Amelung, Vat. Kat. II 49 f. hatte gemeint, das Relief „vermittle uns eines der leb-
haftesten Bilder von der Fülle verschiedenartiger Gebäude, die das Ufer einer bedeutenden
Hafenstadt in spätrömischer Zeit umsäumten." Doch ist dazu diese Architekturphantasie,
die einzelne meist von der Gartenarchitektur angeregte Gebäudemodelle zusammenstellt,
nicht gerade geeignet. Anlehnung an wirkliche Theaterbauten, Triumphbögen, Hafenan-
lagen ist, zumal nach den Untersuchungen von Fasciato a. O. 74fF., nicht zu leugnen, aber
sieht man genauer zu, so erkennt man die phantastische Übersteigerung, z. B. bei dem
Amphitheater, wo zwei Bogenöffhungen in einer Halbsäulenordnung erscheinen, wie sie in
der wirklichen Architektur erst bei der Kolossalordnung der Renaissance begegnen, oder
bei dem doppelten Obergaden des Rundbaues neben dem Schiff des Odysseus, was aus der
antiken Architektur auch nicht bekannt ist. Der Steinmetz hat sich also durch die Ansicht
der Hafenstadt Portus nur anregen lassen, hat aber ganz allgemein das Phantasiebild eines
Hafens in der barocken Form des mittleren 3. Jhs. n. Chr. gestaltet. Vgl. z. B. die Darstel-
lungen von Puteoli auf Glasvasen der späten Kaiserzeit: RE. XXIII 2 (1959) 2054f. s. v.
Puteoli (Frederiksen).
 
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