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Damit ist schon einiges über die Haltung der dritten Figur am Pfahl,
nämlich des Odysseus, gesagt. Bei der Ergänzung seines Oberkörpers
kann man nicht von der Darstellung des Reliefs in Catania ausgehen, das
nur die Gruppe der Gefährten am Pfahlende ziemlich genau wiedergibt.
Odysseus greift hier mit der linken Hand ins Haar an der Schläfe des Rie-
sen, um ihm den Kopf hochzureißen, was in der plastischen Gruppe we-
gen der anderen Größenverhältnisse nicht möglich ist.

Auch die Haltung des rechten Armes ist in Sperlonga anders als in
Catania. Hier geht der Arm nach Ausweis der vor der Ergänzung ange-
fertigten Zeichnung Houels schräg nach unten. In Sperlonga ist aber die
rechte Schulter des Odysseus erhalten, und aus den Resten geht eindeu-
tig hervor, daß Odysseus auch den rechten Arm nach rechts vorstreckte.
Er muß demnach ganz ähnlich bewegt gewesen sein wie der Odysseus
von Baiae, der mit beiden Armen dem Riesen den Becher entgegen-
streckt. In der Tat gibt es eine enge Übereinstimmung auch in der Ge-
wandung der beiden Figuren. Beim Odysseus von Sperlonga ist zwar nur
der Unterkörper erhalten, und die Gewanddrapierung hinterm Nacken
ist nur in Ansätzen erkennbar, ein Vergleich der Reste beider Statuen
macht aber deutlich, daß Odysseus den auf der linken Schulter geknüpf-
ten, von der rechten Schulter herabgefallenen Chiton heteromaschalos
trägt, der so genannt wird, weil er eine Schulter freiläßt und dadurch die
Bewegungsfreiheit des rechten Armes gewährleistet. Über dieses Un-
tergewand hat er ein auf der rechten Schulter mittels einer runden
Spange zusammengehaltenes Manteltuch geworfen. Um bei seiner Ak-
tion, sei es den Becher zu reichen oder den Pfahl zu lenken, nicht durch
den aus schwerem Wollstoff bestehenden Mantel behindert zu werden,
hat er ihn über beide Schultern zurückgeschlagen, so daß die ganze
Masse des Stoffes am Rücken herabfällt und bei der Figur in Sperlonga
in der heftigen Ausfallstellung, mit der Odysseus dem Voranstoßen des
Pfahles folgt, nach hinten schlägt. Eine Marmorstütze auf der rechten
Wade des Odysseus hält den frei aus dem Marmor gearbeiteten Mantel-
zipfel.

Die Marmorfigur des Odysseus, deren Zugehörigkeit zur Poly-
phem-Gruppe als erster Hans Lauter159 erkannt hat, stand entspre-
chend der schräg ansteigenden Linie des Pfahles etwa einen Meter höher
als die beiden Gefährten am Pfahlende. Leider ist die Basis der Figur
verloren, die mit ihrer weiten Schrittstellung von einer kräftigen im An-
satz unter dem kurzen Gewand erhaltenen Stütze getragen wurde. Es
kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß diese Basis mit ihrer Stütze
oben auf der Mauer stand, durch welche die Abfangmauer der Terrasse
hinter der Polyphem-Gruppe verblendet wurde.

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