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Die unförmige Hand der Skylla in Sperlongu ergreift einen Die Züge dieses zu Tode erschrockenen

Griechen bei den Haaren. Zwischen Daumen und Zeigefinger Gesichtes sind der Leidensmaske des
erkennt man den Ansatz der Stirn des Mannes. Laokoon nah verwandt.

Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß diese Marmorfiguren von
denselben Hammer und Meißel führenden Händen aus dem Stein ge-
schlagen wurden, die nach Plinius auch die Laokoon-Gruppe gemeißelt
haben. In allen Details kann man die gleiche Handschrift ausmachen.
Und doch sind auch Unterschiede festzustellen, die das Problem der
Laokoon-Gruppe, das durch die Signatur von Sperlonga einer Lösung so
nahe gerückt schien, erneut kompliziert haben.

Eine Lösungsmöglichkeit bietet nun die von verschiedenen Autoren
übereinstimmend überlieferte Nachricht176, daß auf dem Mittelpodest
der berühmten Wagenrennbahn von Konstantinopel, dem Hippodrom,
dessen langgestreckte Form noch den Atmeidan (Pferdeplatz) zwischen
Hagia Sophia und der Blauen Sultan-Ahmet-Moschee in Istanbul be-
stimmt, in byzantinischer Zeit eine Bronzegruppe der Skylla stand, de-
ren Beschreibung genau der aus den Fragmenten in Sperlonga erschlos-
senen Gruppenkomposition entspricht. Sollte es sich in Sperlonga um
eine von den rhodischen Bildhauern im Gemeinschaftsatelier geschaf-
fene Marmorkopie dieser berühmten Bronzeskulptur handeln, die spä-
ter wie der delphische Dreifuß von Plataiai oder die Bronzepferde von
San Marco zur Verschönerung der neuen Hauptstadt nach Byzanz ge-
bracht worden war? Eine solche Vermutung, die alle bisher festgestell-
ten Widersprüche auflösen würde, läßt sich vorläufig nicht eindeutig be-
weisen. Es lassen sich aber zahlreiche Indizien zusammentragen, die in
die gleiche Richtung führen.

Besonders klar liegen die Verhältnisse bei der unter dem Namen
»Pasquino-Gruppe« in zehn maßgleichen Wiederholungen177 überlie-
ferten Gruppe, in der ein mit Helm und Schild gewappneter Held im
Kriegerchiton den Leichnam eines nackten Gefallenen aufhebt, um ihn
vom Schlachtfeld zu tragen. Diese Gruppe hatte, längst vor der Entdek-
kung der Replik von Sperlonga, Bernhard Schweitzer178 in Leipzig mit

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