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einheitlicht und zu einem neuen Ensemble zusammengestellt, das eine
Aussage der eigenen Zeit enthält, in diesem Fall der Zeit des Kaisers
Claudius. In ähnlicher Weise muß auch das rhodische Atelier des Atha-
nadoros, Hagesandros und Polydoros die Laokoon-Gruppe und die
Skulpturen von Sperlonga gearbeitet haben. Diese Erkenntnis ist ein
wichtiges Nebenergebnis der Ausgrabungen von Baiae, bei der aller-
dings noch viele Fragen offen bleiben.

So ist es vielleicht noch verfrüht, die Vermutung zu äußern, daß es
sich bei dem durch Größe und Pracht der Ausstattung gleichermaßen
bedeutenden Nymphäumsbau um einen Teil des Palastes der römischen
Kaiser in Baiae handelt. Die exponierte Lage an einem der schönsten
Punkte des Sinus Baianus, des Golfs von Baiae, wie dieser westliche Teil
des Golfs von Neapel in der Kaiserzeit hieß, läßt freilich kaum einen an-
deren Schluß zu.

Als Bestätigung für diese Vermutung kann die Pracht der Ausstat-
tung des Nymphäumssaales dienen, der allerdings, wie gesagt, erst zu
zwei Dritteln ausgegraben ist und deshalb noch nicht abschließend beur-
teilt werden kann. Der Saal ist aus typisch claudischem Retikulatmauer-
werk mit Versteifung der Mauerkanten und Entlastungsbögen in Zie-
gelmauerwerk errichtet. Die Apsis, die Nischen und das mit einem
massiven Flachdach geschlossene Gewölbe aus Konglomeratmauerwerk
waren mit künstlichem Grottenwerk aus Tropfstein- und Bimsbrocken
ausgeschlagen.264 Die aufgehenden Wände waren bis zu einer beträcht-
lichen Höhe mit kostbaren buntfarbigen Marmorintarsien, darüber mit
bemaltem Stuck verkleidet. Über zwanzig prachtvolle Steinsorten aus
allen Teilen des römischen Reiches fanden Verwendung. Besonders die
wertvollsten, Porphyr aus Ägypten, Serpentin aus Lakonien, Giallo an-
tico aus Chemtou in Tunesien, Marmor von Euböa und Chios, von Teos
und Synnada in Kleinasien und all die anderen 265, die man in dieser Fülle
und Vollständigkeit sonst nur noch aus der Villa Hadriana kennt, fehlten
nicht. Die Intarsien weisen floreale und sogar figurale Motive auf. Es
wird einer jahrelangen Arbeit bedürfen, um das prunkvolle System der
Wandgestaltung zu rekonstruieren.

Die ganze kostbare Verkleidung war bis auf wenige Platten samt dem
Unterputz von den Wänden abgerutscht und lag als ein Schuttberg am
Fußboden. Darauf stürzten die Statuen, die deshalb nicht sehr tief fielen.
Gleichwohl müßten sie stärker zerstört sein, als sie sind, wenn ihr Sturz
nicht gebremst worden wäre. Die Nase der Antonia Minor blieb unver-
sehrt, obwohl die schwere Marmorfigur aufs Gesicht gestürzt war. Auch
die Tatsache, daß die Statuen des Dionysos und des kleinen Mädchens
sich beim Herabstürzen um ihre eigene Achse gedreht hatten und auf

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