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Andreae, Bernard
Die Symbolik der Löwenjagd: [d. Vortrag wurde am 23. Mai 1984 in Düsseldorf gehalten] — Opladen, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.27674#0010
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Bernard Andreae

Pferdes handelt, doch ist letzteres wahrscheinlich, da das rechte Vorderbein bei der-
artigen Sarkophagreliefs so gut wie immer frei herausgearbeitet und mit dem
Reliefgrund nur durch einen Puntello verbunden ist8, während der linke Huf fest
am Grund ansaß und nur bis zur Hälfte plastisch ausgearbeitet war.

Der Größe des Löwen nach zu urteilen, war das Fragment Teil eines monumen-
talen Löwenjagdsarkophags des 3. Jahrhunderts n.Chr., von denen nur fünf Exem-
plare, was die Frontplatte angeht, fast vollständig erhalten sind9. Ihre Gesamtgröße
variiert zwischen rd. 1,30 bis 1,50 m Höhe und 2,60 bis 2,90 m Länge; die Figuren
auf ihnen erreichen also fast Lebensgröße. Der einzige mit dem Kasten erhaltene
Sarkophag, der berühmte Sarkophag des Heiligen Jovinus in Reims (Taf. 10.11)
wiegt 4110. Es handelt sich also um Monumente von ungewöhnlichem Anspruch,
die auch innerhalb ihrer Gattung besondere Bedeutung besaßen. Es wäre zweifel-
los ein großer Gewinn, wenn man dem Fragment in Mailand seinen historischen
Ort anweisen könnte.

Wie ich bei der Behandlung der römischen Jagdsarkophage im Corpus der
antiken Sarkophagreliefs darstellen konnte11, wird der Typus der Löwenjagd-
sarkophage in der Zeit des Severus Alexander gegen 230 innerhalb der stadt-
römischen Sarkophag-Werkstätten aus den mythologischen Jagdsarkophagen ent-
wickelt. Die Stufen dieses Entwicklungsprozesses sind in signifikanten Beispielen
erhalten.

Im 2. Jahrhundert n.Chr. waren die Archetypen der Sarkophage mit den mytho-
logischen Eberjagden des Meleager (Taf. 20), Hippolytos (Taf. 15,1) und Adonis
(Taf. 15,2) unter Rückgriff auf griechische Darstellungen dieser Mythen geschaffen
worden, und sie wurden mit geringfügigen Abwandlungen bis ins fortgeschrittene
3. Jahrhundert n. Chr. tradiert.

Unter diesen Mythen nimmt derjenige von Hippolytos eine besondere Stellung
ein. In diesem Mythos vom jugendlichen, standhaften Jäger, der die Ehre seines
Vaters achtet, verleumdet wird und auf der Jagd zu Tode kommt, ist eine tröstliche
Hoffnung enthalten. In der euripideischen Tragödie12 wird dargestellt, daß Arte-
mis den ungerechten Tod, den der Held erleiden muß, zwar nicht verhindert,

8 Die Ausnahmen sind so selten, daß sie die Regel bestätigen: Vgl. ASRI2, Rom, Cimitero Maggiore,
Kat. 78, Taf. 53,1 (Taf. 30.3). Das rechte Vorderbein des Pferdes des Jagdherrn ist deshalb auf vielen
Sarkophagen abgebrochen.

9 ASRI2, Rom, Palazzo Rospigliosi-Pallavicini, Kat. 131, Taf. 12,1, L2.90 H 1.40. - Rom, Palazzo Mat-
tei II, Kat. 128, Taf. 13,1, L2.14 H1.33. - Reims, Kat.75, Taf. 13,2, L2.83 Hl.30,5. - Rom, Catacombe
di Pretestato, Kat. 86, Taf. 23,1, L 2.61 H 1.28. - Rom, Palazzo Mattei I, Kat. 126, Taf. 23,2, L 2.56
H 1,37. - Vgl. auch Taf. A-D nach S. 48.

10 ASRI2 Kat. 75 S. 157.

>' ASRI2, 17 ff.

12 Euripides, Hippolytos ed. W. S. Barrett (1964) 1417ff.
 
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