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Andreae, Bernard
Die Symbolik der Löwenjagd: [d. Vortrag wurde am 23. Mai 1984 in Düsseldorf gehalten] — Opladen, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.27674#0011
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Die Symbolik der Löwenjagd

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Hippolytos aber die Ehre der Heroisierung und ewiger Verehrung durch die
Bräute von Troizen zuteil werden läßt. Euripides war auch für die Römer ein Klas-
siker. Das Hippolytos-Schicksal hat aber in den römischen Sarkophagreliefs eine
Wandlung erfahren. Mit einer einzigen, die Regel bestätigenden Ausnahme13 wird
Hippolytos auf der Eberjagd von Virtus begleitet und niemals ist, wie auf attischen
Sarkophagen14, der Sturz mit dem Wagen, sondern immer nur das Heransprengen
gegen den Keiler dargestellt15. Dieses sehr allgemeine Motiv begegnet schon bei
einer Darstellung von Julus Ascanius auf der Eberjagd auf der rechten Nebenseite
des Aeneas-Sarkophages der Zeit um 140 n. Chr. im Museo Nazionale Romano16
und ist das Jagdmotiv schlechthin17. Es ist offenbar, um einige Jagdbegleiter berei-
chert, bei der Schaffung der römischen Hippolytos-Sarkophage (Taf. 15,1) in spät-
antoninischer Zeit mit der auf diesen Sarkophagen links hinter einem Torbogen
erscheinenden Gruppe der Phädra im Liebesschmerz und mit der des Hippolytos
beim Aufbruch zur Jagd zu dem neuen Sarkophagtypus verbunden worden18. Die
neuartige Figur in der ganzen Komposition ist die Virtus. Diese typisch römische
Personifikation fehlt bei den Darstellungen der beiden anderen Jagdmythen auf
römischen Sarkophagen, nämlich derjenigen des Meleager19 und des Adonis20,
deren Prototypen schon in mittelantoninischer Zeit einsetzen. Die fortschreitende
Romanisierung der griechischen Mythologeme, die schließlich zur Umwandlung
der Mythenbilder in Bilder aus dem realen Leben führt, deutet sich darin an.
Hippolytos ist ein exemplum virtutis geworden, ein Beispiel echter Mannhaftigkeit
im römischen Sinne, durch dessen Nachahmung auch in metaphorischer Weise der
Tote Heroisierung verdient hat. Das erklärt die Vorliebe der Römer für dieses
Thema. Diese Vorliebe entsprach der rhetorisch gebildeten Grundstimmung des
von Persönlichkeiten wie den Klassizisten Hadrian und Antoninus Pius sowie dem
Philosophen auf dem Kaiserthron Marcus Aurelius und Rhetoren wie Aelius
Aristides oder Herodes Attikus geprägten Jahrhunderts der Adoptivkaiser, das mit
den Ereignissen, die zur Ermordung des Commodus im Jahre 192 n. Chr. führten,
in eine tiefe Krise geriet21. Diese Krise drückt sich in der Kunst in dem von Gerhart
Rodenwaldt beschriebenen Stilwandel in der spätantoninischen Kunst aus22.

13 ASRIII2, 166, Paris. - Koch-Sichtermann, HdArc'h 151 Anm. 16.

14 ASRIII2, Agrigent, Kat. 152, Taf. 47. - Leningrad, Kat. 154, Taf. 48. Vgl. Koch-Sichtermann, HdArch
394 mit Hinweis auf Sarkophag in Tyros 330, M. Chehab, BMusBeyr21, 1968, 50ff. Taf. 31-35.

15 ASRIII2, Kat. 164-173, Taf. 52-56. - Koch-Sichtermann, HdArch 150ff. Kap. 4.3.17.

16 A. Giuliano u. a., Museo Nazionale Romano, Le sculture 11 (1979) Nr. 190, S. 318-324 (M. Sapelli).

17 Vgl. die r. Nebenseite des Feldherrnsarkophages Monticelli in Leningrad, J. J. Saverkina, Römische
Sarkophage in der Ermitage, Römische Sarkophage I (1979) 38 ff. Taf. 32,33.

18 Koch-Sichtermann, HdArch 150.

19 ASR XII6. - Koch-Sichtermann, HdArch 161 ff.

20 Koch-Sichtermann, HdArch 131 ff.

21 B. Andreae, Römische Kunst (1973, 19784) 250 ff.

22 G. Rodenwaldt, Über den Stilwandel in der antoninischen Kunst (Abh Berlin 1935).
 
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