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Andreae, Bernard
Die Symbolik der Löwenjagd: [d. Vortrag wurde am 23. Mai 1984 in Düsseldorf gehalten] — Opladen, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.27674#0026
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Bernard Andreae

und die Schräge des im Sprung ansteigenden Löwen ist durch die Diagonale im
rechten Bildteil bestimmt. Der Löwe nimmt drei Rastereinheiten ein.

Legt man nun einen entsprechenden Raster über den Rekonstruktionsvorschlag
des Münchener Löwenjagdsarkophages (Textabbildung 3), so ergibt sich ein
erstaunliches Resultat: Obwohl die Komposition in wesentlichen Punkten - Ver-
schiebung des Jagdherrn um eine Rastereinheit links von der Mitte - von der des
Reimser Sarkophages abweicht, ist auch hier das Grundprinzip - je eine Figur oder
ein Pferdevorderkörper pro Rastereinheit - beibehalten. Alle Abwandlungen der
Komposition resultieren aus der einen entscheidenden Veränderung, nämlich der
Vergrößerung und der Verschiebung des Löwen um eine Rastereinheit weiter nach
links. Entsprechend der im Verhältnis von Höhe und Länge längeren Proportion87
des Münchener Sarkophages (Textabbildung 3) sind die einzelnen Rastereinheiten
hier, wie man sie aus der Rekonstruktion erschließen kann, breiter. Der größere
Löwe kann daher erstaunlich genau in die diagonale Bahn eingeordnet werden, die
von der rechten unteren Ecke ausgeht und zum Jagdherrn emporsteigt. In Reims
ist er nicht durch diese Bahn, sondern durch die Eckdiagonale selbst festgelegt. Er
beherrscht hier nur ein Drittel des Gesamtbildes, beim Münchener Sarkophag ist
es die Hälfte.

In dieser rechten Hälfte ist jedem der Jagdbegleiter sowie dem Pferd des dem
Jagdherrn voranreitenden Jägers je eine Rastereinheit zugewiesen, ebenso wie das
Pferd des Jagdherrn und der Gestürzte darunter in eine solche Rastereinheit einge-
ordnet sind. In der linken Bildhälfte verschiebt sich das System. Hier wird der Ort
der Figuren durch die Rasterlinie selbst bestimmt, die beim Jagdherrn genau, bei
Virtus und aufbrechendem Grabinhaber annähernd durch die Mitte der Figuren
geht. Das ist eine notwendige Folge der Tatsache, daß am linken Rand nicht mehr
eine ganze Rastereinheit für das Pferd zur Verfügung stand. Deswegen gibt es auch
keinen besonderen Pferdeführer mehr, sondern der Grabinhaber führt, wie auf
manchen späteren Sarkophagen (Taf. 30,3)88 89, sein Pferd selbst. Er begnügt sich mit
dem Begleiter, der zum Abschied auf der Nebenseite (Taf. 8) erscheint, und als Sym-
bol der Virtusw den Helm emporhält.

Wahrscheinlich gab es auf diesem Sarkophag wie auf dem etwa gleichzeitigen
Sarkophag Mattei I (Taf. 27)90 überhaupt keine Hintergrundfiguren mehr, sondern
die Figurenmauer überfing in einer massiven Schicht den Reliefgrund, der als harte,
höchstens von den daraufliegenden Gewändern kaum bewegte Ebene in Erschei-
nung trat. Alles entbehrliche Beiwerk ist unterdrückt und die Symbolik der Szene
in den großen, schweren und ernsten Figuren versammelt.

87 Reims = 1:1,95, München = 1:2,15.

88 z. B. auf den o. Anm. 79 zitierten Sarkophagen.

89 Th. Schäfer, MEFRA 91, 1979, 355-382.

90 ASRI2, Kat. 126.
 
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