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Andreae, Bernard
Die Symbolik der Löwenjagd: [d. Vortrag wurde am 23. Mai 1984 in Düsseldorf gehalten] — Opladen, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.27674#0030
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Bernard Andreae

schwingen, daß sie aber die Gesichter voneinander abwenden: Der Grabinhaber im
Aufbruch schaut nach links, das heißt nach außen zum Pferd, das ihm durch den
Torbogen zugeführt wird, die Virtus blickt nach rechts, als verfolge sie die Löwen-
jagd. Tatsächlich drückt sich in dem scheinbaren Widerspruch der Blickrichtung
die inhaltliche Festlegung aus, daß diese Virtus beiden Hypostasen des Grab-
inhabers zugeordnet ist, nämlich dem Aufbrechenden links und dem in der Über-
windung des Löwen sich Vollendenden rechts. Zu dieser Form war es jedoch nicht
nur in einer schrittweisen Abwandlung der Typologie, sondern in einem mit dieser
typologischen Veränderung Hand in Hand gehenden Rückgriff auf ältere geprägte
Typen gekommen.

So hatte man, um die Zugehörigkeit der Virtus zu beiden Hypostasen des Grab-
inhabers auszudrücken, die nach rechts eilende Virtus der Hippolytos-Sarko-
phage101 durch den Typus einer nach rechts gewandten, aber nach links zurück-
schreitenden Frau ersetzt, wie er bei der Diana der Meleager-Sarkophage verwen-
det worden war102. Da dieser Typus aber offenbar eine zu große Unruhe in das Bild
brachte und die Komposition zu sprengen drohte, suchte man nach einer anderen
Lösung und fand sie in einem der Monumentalität der Sarkophage angemessenen
Vorbild: dem großen trajanischen Friesrelief, das später im Durchgang des Kon-
stantinsbogens wiederverwendet wurde (Taf. 22.24)103. Es mag kühn erscheinen,
das Paar des Grabherrn und der Virtus auf römischen Sarkophagen der Mitte und
der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts unmittelbar auf ein mehr oder weniger
zufällig erhaltenes Staatsdenkmal vom Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. zurück-
zuführen, und doch gibt es einige Hinweise, die zu diesem Schluß drängen.

Zunächst ist die Haltung der beiden Figuren erstaunlich ähnlich, obwohl ihre
Stellung miteinander vertauscht ist. Der Gepanzerte steht auf dem Relief rechts,
Virtus links. Auf den Sarkophagen ist dies umgekehrt. Deshalb blicken die Figuren
hier einander nicht mehr an wie auf dem Staatsrelief, sondern es kommt die diver-
gierende Blickrichtung zustande, die für die Sarkophage ebenso merkwürdig wie
bedeutungsvoll ist.

101 B. Andreae, Römische Kunst (1973, 19784) Abb. 580 Typus 10.

102 a.O. Typus 19. - Vgl. ASRI2, 42.

103 Vollständige Bibliographie bis 1982 bei G. Koeppel, Official State Reliefs of the City of Rome,
ANRWII12.1 (1982) 494f. - Hervorzuheben sind: H.R L’Orange - A. v. Gerkan, Der spätantike
Bildschmuck des Konstantinbogens (1939) 187ff. - M. Pallottino, BullCom 66, 1938, 17ff. -
P. G. Hamberg, Studies in Roman Imperial Art (1945) 56ff. - J. M. C. Toynbee, JRS 38, 1948,
163 f. -J.Ruyschaert, RendPontAcc35,1962/63,89. -G. Koeppel, BJb 169,1969,158 ff. -B. Andreae,
Römische Kunst (1973,19784) 202 f. Abb. 421-424. - W. Gauer, JdI88,1973,318 ff. - C. C. Vermeule,
The Goddess Roma in the Art of the Roman Empire (19744) Appendix Nr. 3. - W. Gauer, Unter-
suchungen zur Trajanssäule, Monumenta Artis Romanae 13 (1977) 7.55.57. 73f.79.107 Anm.
288.111; Anm. 357. -R. Mellor, The Goddes Roma, ANRWII 17.2 (1981) 1014 Taf.III. -M. Pfänner,
Der Titusbogen (1983) 60ff. 68f. 76 Anm. 267.
 
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