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Andreae, Bernard
Die Symbolik der Löwenjagd: [d. Vortrag wurde am 23. Mai 1984 in Düsseldorf gehalten] — Opladen, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.27674#0032
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Bernard Andreae

ein flüchtender dakischer Reiter dargestellt, dessen Pferd den Kopf in auffälliger
Weise zurückwirft.

Die Verwandtschaft des Sarkophages Mattei II (Taf. 23), des ältesten erhaltenen
Beispiels mit ruhig stehender Virtus, reduziert sich also nicht allein auf die moti-
vische Abhängigkeit dieses Typus, sondern es gibt eine ganze Reihe von Indizien,
die es auch nicht ratsam erscheinen lassen, an irgendein anderes nicht erhaltenes
Staatsrelief mit der Gruppe von Virtus und Kaiser zu denken, sondern genau an
dieses, das ursprünglich im Zentrum Roms, wahrscheinlich in den Hallen des
Trajansforums112, öffentlich ausgestellt und jedem Römer bekannt war. Man darf
sogar vermuten, daß das „Zitat“ dieser Gruppe beabsichtigt war, ohne von vorn-
herein allzu weitgehende Schlüsse in bezug auf die Übernahme eines ganz be-
stimmten Sinngehaltes ziehen zu wollen. Es genügt zunächst festzustellen, daß hier
nicht nur die Typologie, sondern der bestimmte stilistische Habitus eines kaiser-
lichen Triumphdenkmals des 2. Jahrhunderts in die Gestaltung eines privaten
Grabdenkmals des 3. Jahrhunderts übernommen wurde, um sich den Anspruch
der Gesellschaftsschicht klarzumachen, die sich derartige monumentale Sarko-
phage zu Grablegen wählte. Ein hoher General war, wie die Geschichte lehrte, im
3. Jahrhundert n. Chr. ein potentieller Kaiser, und das Zitat der Gruppe von Kaiser
und Virtus machte diesen Anspruch deutlich, auch wenn der Grabinhaber, aus
welchem Grunde auch immer, nicht mehr im Panzer auftrat. Die Tatsache, daß
ihm auf der Nebenseite (Taf. 8) ein gepanzerter und mit Helm und Schild gewapp-
neter Soldat den Helm als Symbol der Virtus reicht, macht unmißverständlich klar,
daß wir es auch auf dem Münchener Sarkophag (Taf. 1.2.5) mit einem Militär zu tun
haben, daß also die Tatsache, daß er in der Aufbruchsszene im Gegensatz zu allen
anderen zweiszenigen Sarkophagen keinen Panzer trägt, nicht überbewertet wer-
den darf und dies auch kein Gegenargument gegen die Annahme ist, der zwei-
szenige Typus der Löwenjagdsarkophage sei vornehmlich hohen Offizieren Vor-
behalten gewesen.

Immerhin zeigt sich gegenüber dem nahezu dreißig Jahre früheren Sarkophag
Mattei II (Taf. 23) und dem knapp fünfzehn Jahre früheren Sarkophag in Reims
(Taf. 11) eine gewisse Lockerung der Bindung an das gewaltige Staatsrelief, wie sich
in der Entwicklungslinie dieser drei Sarkophage überhaupt eine deutliche Verlage-
rung des Akzentes weg von der Hirtes-Gruppe und hin zu dem Zusammentreffen
des Jägers und des Löwen abzeichnet, der auf dem Sarkophag Mattei II (Taf. 23)
sogar fliehend dargestellt war. Hier nimmt die Hirtes-Gruppe einen wesentlich grö-
ßeren Raum ein als auf den späteren Sarkophagen, auf denen nach dem Münchener
die stehende Virtus sogar wieder durch eine bewegte ersetzt wird.

112 F. Coarelli, Guida di Roma (1975) 165. - W. Gauer, Untersuchungen zur Trajanssäule (1977) 89
Anm. 32. - s. auch die Literatur o. Anm. 103.
 
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