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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0016

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Einleitung

re Weise herauskommt als in dem verkleinerten Sarkophagrelief (S.
10), bei dem Odysseus mit einem kurzen Chiton bekleidet erscheint.
Dieses Relief macht die Komposition der Gruppe verständlich, al-
lein das Kunstwerk bringt nur die kunstvolle Nachbildung dem Be-
trachter nahe. Gewiss ersetzen auch die besten Kopien das Original
nicht, aber sie können - historisch gesehen - dafür einstehen. Das
rechtfertigt es, in diesem Buch auch Kopien für die Stilgeschichte
heranzuziehen. Wie die Hand des Diomedes mit ihren gespreizten
Fingern und den straffen Sehnen das geraubte Götterbild packt, wie
das lockige Haupt des Helden durch seine Bewegung auf das plötz-
lich - durch ein Wunder - lebendig gewordene Agalma mit dem
mädchenhaften Gesicht reagiert, dessen starren Leib er im Arm hält,
wie die Muskeln am Rumpf und an den Beinen des Odysseus sich
bei der Gegenbewegung seines ganzen Körpers verspannen, das
zeigen diese Marmorbilder - auch die beiden nicht weniger sorgfäl-
tig gemeisselten Repliken des Odysseus in den römischen Palazzi
Massimo (S. 109) und Mattei - auf eindrucksvolle Weise. Die Freu-
de über das, was bewahrt blieb, wiegt das Bedauern über das Ver-
lorene auf. Am meisten vermisst man, dass der Kopf des Odysseus
fehlt.

Zu den jüngsten wichtigen Entdeckungen, die die Sperlongafor-
schung wieder in Gang brachten, zählt, dass Peter Noelke im Aache-
ner Stadtmuseum den von einem grossen Relief abgebrochenen Kopf
einer Odysseusfigur (S. 15) als den gleichen Typus erkannte wie den
Kopf des Odysseus auf dem kleinen Sarkophag in Athen. Da der fast
vollplastische Kopf von einem monumentalen Sarkophag aus der
gleichen kleinasiatischen Werkstatt stammt wie der kleine Sarkophag
in Athen, ist so gut wie sicher, dass der Kopf zur Gruppe des Palla-
dionraubs gehört, die auf den Säulensarkophagen dieser Werkstatt
öfters dargestellt ist, allerdings nie so eindrucksvoll wie in diesem
fast lebensgrossen Kopf von einem um 250 n. Chr. gearbeiteten mo-
numentalen Sarkophagrelief. Dieser Kopf, der hier zum ersten Mal
veröffentlicht werden darf (S. 101-1ÖJ), kann eine Vorstellung davon
geben, wie man sich den Kopf des Odysseus denken muss, der bei al-
len drei Repliken des Körpers in Sperlonga, in einer Abteilung des rö-
mischen Nationalmuseums im Palazzo Massimo und im Hof des Pa-
lazzo Mattei zu Rom fehlt. Auch ein späthellenistischer in Ferentum
gefundener Kopf des Odysseus aus dem dunklen vulkanischen Nen-
frogestein im Museo Civico in Viterbo (S. 103 unten) gibt offensicht-
lich denselben Typus wieder, wie ein Vergleich der beiden lebens-
grossen Köpfe erweisen kann. Mit diesen antiken Wiederholungen
des verlorenen Urbildes kann man - wenigstens in Gedanken - die
Sejte i3: gegensätzlich bewegte Figur des Odysseus ergänzen, der plötzlich

Gruppe des den raschen Schritt anhält, das rechte Bein seitlich zurücksetzt und

Palladionmubs den Kopf heftig nach seiner rechten Seite herumwirft, während seine

Sperlonga, Hand in einer Gebärde der Verwunderung an den Bart greift.

Mus. Naz. Ahnlich wie der Kopf des Odysseus ist auch der Kopf des Diomedes

Um 190 v. Chr. heftig nach links gewendet, so dass sich im Nacken eine Falte bildet.

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