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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0024

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Begriffe: Realismus, Schönheit, Grösse

Eigentümlicherweise sind solche Darstellungen ärmlicher oder
verkrüppelter Wesen in der antiken Kunst zwar nicht selten, und
doch unter den zeitlich fixierten Kunstwerken nicht einfach zu fin-
den. Sie hatten zweifellos eine grosse soziologische Relevanz, aber
politisch gehörten sie offenbar zu einem Genre, das der Erwähnung
nicht vorrangig für wert erachtet wurde. Sie werden deshalb in offi-
ziellen Verlautbarungen nicht aufgeführt und gelangten auch nicht
in die Kompendien, auf die man sich noch heute berufen kann. Des-
wegen müssen sie aus methodischen Gründen - leider - von der
hier verfolgten Betrachtung ausgeschlossen bleiben. Es geht darin
aber auch vorwiegend um die Frage, ob es im Hellenismus, wie
letztlich in allen durch die Forschung bereits erschlossenen Epochen
der Weltkunstgeschichte, eine nachvollziehbare Stilentwicklung ge-
geben hat.

Man wird das gewiss als naturgegeben voraussetzen dürfen. In-
teressant ist aber die Frage, ob man diese Stilentwicklung wenigstens
Bronzestatuette so weit rational erkennen kann, dass man eine historische Logik und

eines Krüppels Notwendigkeit begreift, die es in einem zweiten Gang der Betrach-

Berlin, Staatl. tung erlauben würde, auch solche Werke mit einiger Gewissheit der

Museen, Epoche ihrer Entstehung zuweisen zu können, die in der Überliefe-

Antikensaminl. 1 , . - . _. , , , , . „ . .

3 //; v Chr run8 kern festes Datum haben, aber aufgrund der reinen Beurtei-

lung des Stils nur in eine bestimmte Epoche gehören können. Epo-
chen können natürlich verschieden lang sein. Das stört den ange-
strebten Gedankengang nur unwesentlich. Entscheidend ist viel-
mehr das Ziel, die einzelnen Werke nicht von vornherein einem
Missverständnis auszuliefern, bloss weil ihre historischen Koordi-
naten falsch angelegt sind. Es ist zwar durchaus nicht gesagt, dass
man Werke, die historisch richtig eingeordnet sind, auch richtig ver-
steht. Aber das Gegenteil ist doch beherzigenswert: Historisch
falsch eingeordnete Werke muss man notwendigerweise missver-
stehen, und das kann nicht die Absicht einer wissenschaftlichen Be-
schäftigung mit ihnen sein. Die methodische Vorgabe lautet also,
nur solche Werke in die Betrachtung einzubeziehen, denen auf wel-
che Weise auch immer das Signum ihrer Entstehungszeit nicht nur
einfach und jedenfalls nicht ohne weiteres ojektivierbar anhaftet,
sondern deren Entstehungsdatum historisch, ohne grosse Zweifel,
wirklich feststellbar ist.

Dem trägt der Untertitel dieses Buches Rechnung: Werke, bei
denen weder ein Auftraggeber noch der Schöpfer, noch das Urteil
eines antiken Betrachters überliefert sind, dürfen höchstens zum
Vergleich in die Erörterung einbezogen werden.

Das Buch hat aber auch einen Haupttitel: "Schönheit des Realis-
mus". Es hat sich zur Aufgabe gemacht hat, den Entwicklungsgang
einer bis heute heftig umstrittenen und von widersprüchlichen Ur-
teilen verunklärten Kunstgattung zu verfolgen, die zur Schaffung
so eindrucksvoller und berühmter Werke antiker Plastik wie die
 
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