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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0071
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Die Bildnisse des Epikur und des Zenon

(und anderen datierten Plastiken wie Herrscherbildnisse, z. B. Pto-
lemaios' III., 246-222/221 v. Chr., den grossen Galliergruppen von
Pergamon aus der Zeit 230-220 v. Chr. und weiterem) füllen muss,
scheint, was die Philosophendarstellung angeht, nicht zufällig zu
sein. Nach dem Tode der grossen Schulgründer Epikur 271 /270
v. Chr. und Zenon 262 v. Chr. und mit dem Wechsel in der Leitung
der Akademie zu dem polemischen Arkesilaos 268 v. Chr. und sei-
nen unbedeutenden Nachfolgern (überragend wird erst wieder Kar-
neades, ca. 180-137 v. Chr., sein) sowie in der Leitung des Peripatos
mit dem Tode Stratons von Lampsakos (ca. 330-269 v. Chr) stürzte
die Philosophie durch Zersplitterung in immer neue Systeme in ei-
ne Krise. Führende Persönlichkeiten, denen ein Denkmal gesetzt
werden konnte, fehlen. Erst im letzten Drittel des Jahrhunderts tritt
mit Chrysippos von Soloi, seit 232 v. Chr. - nach Kleanthes, von dem
bezeichnenderweise kein Bildnis bekannt ist - drittes Schulhaupt
der Stoa, wieder eine beherrschende Philosophengestalt auf. Ihm
wird prompt auch wieder eine in Kopien bekannte Ehrenstatue ge-
setzt, wahrscheinlich bald nach seinem zwischen 208 und 204 v. Chr.
erfolgten Tode. Man darf sich also durch das Fehlen von Philoso-
phenstatuen zwischen ca. 260 und ca. 205 v. Chr. nicht beirren las-
sen, und es gibt auch keinen sicheren Grund zur Annahme, dass die
konstatierte Lücke eine Folge unvollständiger Überlieferung ist.
Man muss methodischerweise davon ausgehen, dass nach Zenon
erst wieder Chrysippos eines Denkmals für wert erachtet wurde.
Die Schöpfung des Bildnisses des Chrysippos schliesst also unmit-
telbar an das des Zenon an, und im Verhältnis zum Bildnis des letz-
teren dürfte die ganze Stilentwicklung greifbar werden, die sich in
dem halben Jahrhundert dazwischen vollzogen hat.

Eine stilistische Beurteilung dieser Porträts von Intellektuellen ist
allerdings nicht einfach, weil es bei ihnen allen ohne Zweifel eine
wichtige inhaltliche, von den Gegebenheiten ihres Lebens und ihrer
Philosophie geforderte Komponente der Darstellung gab. Paul Zan-
ker hat dieser Seite der Kunstwerke eine einfühlsame Betrachtung
gewidmet, die es erleichtert, die rein stilistische Komponente her-
auszuarbeiten.

Das nach der Menanderstatue von 290 v. Chr. früheste Werk ist
die Sitzsstatue Epikurs, die ihm wohl sofort nach seinem Tode von
seinen Schülern gestiftet wurde. Sie ist die einzige künstlerisch be-
deutende und stilbestimmte von drei etwa zeitgleich entstandenen
Sitztatuen. Die beiden anderen stellen in sehr konventioneller Form
die auch als Philosophen weniger bedeutenden Freunde mit Namen
Metrodor (331-277 v. Chr.) und Hermarch (325 - ca. 250 v. Chr.) dar,
die mit ihm in der von Epikur in Athen begründeten Philosophen-
schule des sogenannten Kepos wirkten. Die Schule hiess so nach
dem Garten (griechisch Kepos) des Hauses, das Epikur als ihren Sitz
gewählt hatte.

Zenon
Kopenhagen,
Ny Carlsberg
Glyptotek.
Um 260 v. Chr.

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