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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0079

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Die Statuen der Wächter am Sarkophag Antiochos' II. im Mausoleum von Belevi

16. Die Statuen der Wächter am Sarkophag Antiochos' II.
Theos im Mausoleum von Belevi

Den nächsten Schritt in der motivisch begründeten Reihe der sit-
zenden Philosophen stellt das erst vierzig bis fünfzig Jahre nach der
Sitzstatue des Dichters Poseidippos entstandene Sitzbildnis des
Chrysippos dar. Der Abstand ist gross, und es wäre wünschenswert,
andere datierte Werke aus diesem Zeitraum zu kennen, welche die
Stiltendenzen, die zur Statue des Chrysippos führen, anschaulich
machen können.

Zu nennen sind hier zwei Statuen im Museum von Izmir, die aus
dem Mausoleum von Belevi stammen. Dieses Mausoleum wurde al-
ler Wahrscheinlichkeit nach für den Diadochen Lysimachos
(360-281 v. Chr.) erbaut, der in der Schlacht von Kurupedion fiel
und nicht in seinem Mausoleum beigesetzt wurde. Es spricht alles
dafür, dass Antiochos II. Theos (287/286-246 v. Chr.), der Sohn des
Epigonen Antiochos I., das Mausoleum vollendete und für sich be-
anspruchte. Er Hess sich in der Grabkammer in einem Sarkophag
mit der Form einer Kline beisetzen, auf der er in halb aufgerichteter
Lage ruht. Das Gesicht des Toten ist leider mutwillig zerstört, doch
die feinen Reliefs mit Sirenen an den Querleisten zwischen den Bei-
nen der Kline zeigen die hohe Qualität der Steinmetzarbeit.

Als Wächter am Grabe fungierten zwei Statuen von Männern in
persischer Tracht mit langärmeligem Gewand und Hosen. Der eine
Mann sass mit gekreuzten Beinen am Fuss des Sarkophages, der
andere stand am Kopfende. Diese beiden Statuen müssen um oder
unmittelbar nach der Jahrhundertmitte entstanden sein und bieten
einen wichtigen Fixpunkt hellenistischer Plastik.

Charakteristisch ist die präzis beschriebene Haltung der beiden
verschieden bewegten Figuren und die stoffliche Erfassung der Ge-
wänder. Mit ausserordentlich fein gefältelter Weichheit umfliessen
der Wollstoff der Tuniken und der Leinenstoff der Ärmeljacken und
der eng anliegenden Beinkleider die Körperformen der Männer. Der
stehende zeigt eine lockere Beinhaltung, die eher als eine soldati-
sche "Rührt Euch!"-Stellung als ein Kontrapost zu deuten ist. Der
linke Unterarm ist waagerecht vor den Leib geführt, und die Hand
ist unter den rechten herabhängenden Oberarm gelegt, in einer ty-
pischen Haltung von Figuren des dritten Jahrhunderts v. Chr., die
sich selbst zu fesseln scheinen. Bedauerlich ist, dass beiden Figuren
die Köpfe fehlen, die eine persische Mithra trugen, wie die an den
Seiten herabfallenden Bänder zeigen. Die Wendung der Köpfe hatte
zweifellos eine besondere Bedeutung für den locker verspannten
Körperrhythmus, für diese einverleibte Gegenbewegung, die viele
hellenistische Statuen auszeichnet.

Auch der mit überkreuzten Beinen am Boden sitzende Wächter
zeigt bei aller Lockerheit des seltenen Motivs eine wachsame Span-

Wächlcr am Grabe
Antiochos' II. Theos
izmir, Müzesi.
Um 246 v. Chr.

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