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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0127
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Der Pergamonaltar: Ostfries

links abgelenkt, weil die Mitte des ganzen Frieses von einem in
grosser Breite dahinrasenden Viergespann eingenommen wird, das
die Augen noch viel mehr auf sich gezogen haben muss, als es voll-
ständig erhalten war. Durch seine rechtsläufige Richtung leitet das
Gespann den Blick alsbald wieder nach rechts zurück. Er wandert
über den Fries mit seinen hin- und herwogenden Riesengestalten
und bleibt auf dem steigenden Gespann am rechten Rande hängen.

In dem schmalen Raum von drei Platten, in deren mittlere die Lei-
ber der beiden prallen Pferde gedrängt sind, wird eine energiegela-
dene Szene geschildert, die dem Gewoge der Figuren den Anstoss
zu geben scheint. Das anstürmende Zweigespann hat einen Gigan-
ten niedergeworfen, dessen linkes ausgestrecktes Bein und dessen
rechter untergeschlagener Fuss unter dem Bauch des Pferde noch
sichtbar sind und erkennen lassen, dass hier ein Gegner von dem
Kriegswagen zwar niedergerannt wurde, aber den Lauf des Ge-
spanns aufhält. Als ihn die in die Luft schlagenden Vorderhufe des
vorderen Gespannpferdes trafen und dessen starke Brust gegen ihn
stiess, fiel er nach hinten. Doch die Masse seines Körpers, welche die
dritte Platte gefüllt haben muss, bildet ein momentanes Hindernis,
das den Wagen stoppt. So wird verständlich, warum die kräftigen
Pferde auf bebenden, muskulösen Hinterbeinen steigen und die
Deichsel des Kriegswagens mit dem Joch hochdrücken, so dass das
Kreuz von Stange und Joch schräg verkantet erscheint. Der Wagen-
lenker, der seinen korinthischen Helm über die Stirn zurückgescho-
ben hat, zügelt die Rosse mit ausgestrecktem Arm, so dass sie die
Häupter mit den langen Mähnen senken und scharfe Falten sich an
ihren Hälsen bilden. Die Mähnen wehen wild zur Seite. Über der
Stirn des rechten Gespannpferdes schlägt eine Locke wie eine Flam-
me hoch. Der Wagenlenker ist Ares, der Kriegsgott. Die Dichte die-
ser Reliefplatten wird einem erst dann ganz bewusst, wenn man er-
kennt, dass das vor dem Wagenrad noch sichtbare Fragment einer

Pergamonaltar,
Ostfries,

Gespann der Hera

Gespann des Ares

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