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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0136

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Der Pergamonaltar: Ostfries

der Wirkung auf den in den Nacken gedrückten Kopf und das
Strampeln der ganzen Figur abzulesen. Die nach vorn geschobene
linke Schulter, die geschwollene Muskulatur des gewaltsam gegen
die Beugung gespannten Armes, die Falten über dem Handgelenk
und die gespreizten Krallen, die einen Feldstein umklammern, voll-
enden das einzigartige Motiv. Dazu trägt auch der in engen Win-
dungen aufgerollte Schlangenschwanz bei, der aus dem Steiss des
Giganten herauswächst. Die Voluten dieses geschuppten Schwan-
zes nehmen das rotierende Motiv des ganzen Körpers auf, das nicht
wie die Flügel eine Volute, sondern eher ein sich um die Achse der
Trochantergrube drehendes Hakenkreuz bildet. Das Gesamtmotiv
erscheint ebenso realistisch wie formal gestaltet und antwortet dar-
in der höchst formal in Angriffshaltung ausschreitenden Leto, deren
Mantel in der Leibesmitte zu einem Wulst aufgedreht ist und über
der Schulter in fächerförmigen Falten nach hinten schlägt. Der Rand
des über den Unterleib herabfallenden Mantels bildet einen Spit-
zensaum.

Artemis und
Jugendlicher
Gigant, Leto

Die links anschliessenden Kampfgruppe aufeinander losstürmen-
der Gegner - der Artemis, die ihren Bogen spannt, und ein mit Helm
und Schild wie ein Hoplit gewappneter Gigant von edler menschli-
cher Gestalt - ist durch den zwischen ihnen vom Hund der Artemis
am Genick niedergerissenen Giganten von komplexer Natur, aber
im Grunde einfacher Form. Die Verwunderung über diese Einfach-
heit weicht der Bewunderung des entwerfenden Meisters, wenn
man begreift, was er offenbar darstellen wollte: Der männlich schö-
ne Gigant wirkt wie gelähmt von der strahlenden, jungfräulichen
Schönheit der Göttin, die auf ihn einstürmt. Er deckt sich nicht mit
dem Schild und hebt nicht die Waffe in der herabhängenden Rech-
ten, sondern starrt der schönen Frau mit ihrer in einem Schopf auf-
genommenen Haarfülle ins Gesicht, als ob der Pfeil des Eros gegen
ihn abgeschossen wäre.

Auch die grauenvolle Szene des Genickbisses, die sich zwischen

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