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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0162

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Der Pergamonaltar: Der Telephosfries

seite seine Heldentaten nach der Ankunft in Mysien dargestellt, wo
er König Teuthras gegen dessen Feinde hilft und dafür die Prieste-
rin Auge als Ehefrau gewinnen soll, in ihr aber durch göttliche Fü-
gung seine Mutter wiedererkennt. Auf der Südseite wird von seiner
Heilung durch den Rost vorn Speer des Achilleus, der ihn verwun-
det hatte, berichtet und von seiner erfolgreichen Regierungszeit in
Teuthrania, das nach Ilion den Namen Pergamon, das heisst die
Burg, erhält.

Der Telephosfries war kürzlich Gegenstand einer in New York,
San Francisco, Rom und Berlin gezeigten Wanderausstellung zu der
auch ein ausführlicher Katalog in englischer, italienischer und deut-
scher Sprache erschienen ist, an dem der Autor dieses Buches mit-
gewirkt hat. Deshalb wird hier darauf verzichtet, ausführlicher auf
den Telephosfries einzugehen. Es erscheint vielmehr wichtiger, eini-
Telcphosfries ge neue Entdeckungen zum Pergamonaltar zu behandeln, die ihn in

Telephos erhält
von Auge die Waffen

völlig neues Licht rücken und seine Bedeutung als Meilenstein der
hellenistischen Plastik zu klären geeignet sind.

28. Neue Entdeckungen zum Pergamonaltar

Nicht eine einzige, sondern eine ganze Reihe von Entdeckungen der
neunziger Jahre dieses Jahrhunderts führen zu einem völlig neuen
Verständnis des grössten Werkes der hellenistischen Kunst: des
Grossen Altares von Pergamon, dessen Gigantenfries wir zunächst
nur beschrieben haben. Merkwürdigerweise wird das gewaltige
Werk nur in einer einzigen antiken Schriftquelle erwähnt; es wird
hier allerdings zu den miracula mundi, den Weltwundern, gezählt.
Lucius Ampelius schreibt in seinem um die Mitte des zweiten Jahr-
hunderts verfassten Uber memorialis 14: "In Pergamon gibt es einen
grossen marmornen Altar, vierzig Fuss hoch, mit sehr grossen
Skulpturen; er umfasst auch eine Gigantomachie". Das ist nicht viel,
aber wichtig, weil es bei aller Knappheit doch die hohe Wertschät-
zung des Werkes mit seinen erstaunlich grossen Reliefs schon im Al-
Rumvfdes Zeus tertum beweist, aber zugleich e silentio lehrt, dass das Kunstwerk

im Ostfries des von den Römern totgeschwiegen wurde. Für das Verständnis des

Pergamonaltares Kunstwerkes ist man im Grunde allein auf dessen Interpretation

selbst angewiesen. Diese ist in der Wissenschaft kontrovers, weil ei-
ne allgemein akzeptierte Datierung der Entstehungszeit des Gros-
sen Altares noch nicht gefunden wurde.

Die vor allem von Heinz Kahler in seinem 1948 erschienenen
grundlegenden Werk über den Pergamonaltar angenommene Datie-
rung bald nach einem Sieg Pergamons über gallische Truppen im
Dienste Prusias' I. von Bithynien im Jahre 184 v. Chr. wurde zur com-
munis opinio. In allen Kunstgeschichten kann man lesen, dass der
Pergamonaltar in den Jahrzehnten 180-160 v. Chr. geschaffen wurde.

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