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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0166

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Neue Entdeckungen zum Pergamonaltar

gerückte Schild trägt das makedonische Hoheitszeichen eines
zwölfstrahligen Sterns. Das bedeutet, dass die Pergamener unter die
besiegten Feinde auch die Makedonen rechneten. Zwischen 197 und
172 v. Chr., eben in der Zeit, in der der Pergamonaltar nach der
früheren Meinung entstanden sein soll, lebten die Pergamener aber
im Frieden mit den Makedonen, mit denen die Feindschaft erst 172
v. Chr. wieder aufbrach, als König Perseus von Makedonien das Rad
der Geschichte zurückdrehen und die in der Schlacht von Kynoske-
phalai 197 v. Chr. verlorene Vormachtstellung in Griechenland

Pergamona tar, zurückgewinnen wollte. Da König Eumenes II. von Pergamon ihm

Ostfrics

inakcdoiiischer Sclüld dabei im Wege war, Hess er im Frühjahr 172 v. Chr., als Eumenes zur
Befragung des Orakels Delphi besuchen wollte, ein Attentat auf den
pergamenischen König verüben. Dieser wurde zwar schwer ver-
letzt, kam aber wie durch ein Wunder mit dem Leben davon. Seine
Seite 163: Getreuen brachten ihn auf die den Pergamenern gehörende Insel

Gegner der Artemis Aegina, der Welt aber galt er monatelang als tot. Sein Bruder Atta-
los übernahm pflichtgemäss die Regierung in Pergamon und heira-

im Ostfries des

tete sogar die vermeintliche Witwe des Bruders, die alsbald zum er-
sten Mal schwanger wurde. Da kam der totgeglaubte König plötz-
lich zurück. Man weiss von einer Auseinandersetzung der Brüder
hinter verschlossener Tür, die damit endete, dass Attalos ins Glied
zurücktrat, Eumenes das Kind seiner Frau als eigenes anerkannte,
aber verfügte, dass sein Bruder Attalos im Fall der Nachfolge vor
diesem Prinzen, der den Namen Attalos III. erhielt, die Regierung
übernehmen sollte. So geschah es tatsächlich. Zuvor aber musste
Pergamon noch die schwere Gefahr des 3. Makedonischen Krieges
von 172 bis 168 bestehen, der mit der Gefangennahme des Königs
Perseus endete, und es musste den anschliessenden Krieg gegen die
Gallier führen, die Rom gegen Pergamon aufgewiegelt hatte.

Beide historischen Ereignisse, nämlich der Sieg über Makedonien
und der Sieg über die Gallier, sind die Voraussetzung für den gros-
sen Gigantenfries. Auf den Sieg über Makedonien spielt der unter
den Hufschlag von Heras Gespann geworfene Makedonenschild an,
und der Sieg der Götter über die Giganten ist das mythische Vorbild
des Sieges der Pergamener über die Giganten. Die Gallier wurden
nicht nur wegen ihres grossen Körperbaus mit den Giganten vergli-
chen, sondern auch wegen einer spezifischen Eigenart. Sie pflegten,
um noch furchtbarer zu erscheinen, ihre Haare mit Gipswasser ein-
zureiben und hochzubürsten. Gips aber heisst auf griechisch tftanos,
weshalb schon Kallimachos im Demeterhymnus die im Aufstand
Pergamonaltar, VQn 276 v. ehr. in Alexandria besiegten gallischen Söldner poetisch

WtiZZmft mit den Tltanen 8leichsetzte-

Zweitens, die Weihinschrift: Von dieser sind die entscheidenden

Worte erhalten, die erstens bezeugen, dass Eumenes II. der Stifter

des Altares war, und ausserdem, dass er den gewaltigen Bau aus

Dankbarkeit für die agathti, die Wohltaten, stiftete, die ihm die Göt-

A T A <

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