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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0186

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Die Skyllagruppe von Rhodos als Vorläufer des Grossen Altares von Pergamon

beim Diomedes
in Sperlonga
und des Phyromaclws
beim Asklepios

Folgende Seite 183: haltenheit gerade so weit gesteigert, dass sie gross und bedeutungs-
Locken des Nikeratos v0]\ erscheinen. Es geht dabei oft nur um Millimeter, und es bedarf
einer genauen Betrachtung, um die Stilunterschiede zu sehen und
sich das darin ausgedrückte Kunstwollen bewusst zu machen.
Es ist aber nichts Geringes, was hier vor sich geht, sondern zum
in Syrakus' ersten Mal wird hier in Pergamon ein Stil gefunden, der eine aus-

sowie beim Giganten serordentliche Wirkung in der Weltkunstgeschichte entfalten sollte:
vor Aphrodite der Barockstil. Man kann das Vorgehen der Künstler dabei genau

im Nordfries bezeichnen: der erste geht von der Natur aus, der zweite von dem

des Pergamonaitares ^er Natur nachgestalteten, also bereits geformten Kunstwerk. Seine
Form steigert nicht die Natur, sondern das ihm vor Augen stehende
Werk.

Dies ist ein entscheidender und richtungweisender Schritt.

31. Phyromachos: Die Entdeckung des Barock

Man kann diesen Schritt auch in der künstlerischen Entwicklung
der übrigen Werke des Phyromachos nachvollziehen, in dem ich
den leitenden Meister des Grossen Frieses erkennen möchte. Da dies
aber nicht absolut sicher zu beweisen ist, erscheint es wichtig, den
in der Entwicklungsgeschichte der hellenistischen Plastik zwischen
dem ersten und dem zweiten Viertel des zweiten Jahrhunderts
v. Chr. am Vergleich zwischen Skyllagruppe und Pergamonaltar
nachvollzogenen kunstgeschichtlichen Prozess auch unabhängig
davon im gesicherten Werk des Phyromachos selbst zu erkennen,
der seine Laufbahn als Schüler oder zumindest jüngerer Wegge-
fährte des Nikeratos begonnen hat und uns in vier eigenen in Kopi-
en überlieferten Werken vor Augen steht: dem Bildnis des Antisthe-
nes, dem Asklepios von Pergamon, dem Giganten des Attalischen
Weihgeschenks von der Akropolissüdmauer und dem in römischen
Sarkophagreliefs nachgeahmten Galliergemälde, das Pausanias (1,
4, 6) bei Gelegenheit der Betrachtung des Attalischen Weihge-
schenks erwähnt. Den in der Entwicklung des Meisters vollzogenen
kunstgeschichtlichen Vorgang kann man bei der vergleichenden Be-
trachtung eines einzelnen Elementes, nämlich eines Lockenbüschels
bei den verschiedenen, in zeitlicher Reihenfolge angeordneten Wer-
ke nachvollziehen. Ein ziemlich genaues Datum kann man zwar nur
für den Asklepios, der vor 172 v. Chr., und für den Giganten des At-
talischen Weihgeschenks und das Galliergemälde angeben, die nach
166 v. Chr. geschaffen wurden. Wenn man jedoch die Schritte nach-
vollzieht, welche die Kunst des Meisters in diesem Jahrzehnt voll-
zogen hat, kann es kaum einen Zweifel geben, dass das Porträt des
Antisthenes früher ist. Man kann nun eine kunstgeschichtliche Rei-
he aufstellen, die von den Werken des Nikeratos, dem Bildnis Eu-

menes' II. von 197 v. Chr., und den wohl noch in den neunziger Jah-

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