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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0239

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Die späthellenistische Epoche

letzteren sind, dann kann man an den drei Köpfen in drei Schritten
die Entwicklung verfolgen, welche die Skulptur im zweiten und
dritten Drittel des zweiten Jahrhunderts durchläuft. Etwas Ähnli-
ches sieht man auch im Osten, wenn man zum Beispiel den Klytios
vom Pergamonaltar mit dem Herakles Chiaramonti aus Pergamon
vergleicht. Auch dieser wirkt gegenüber dem hochhellenistischen
Werk so entleert wie die Fortuna gegenüber den Göttinnenköpfen
des Damophon.

Im übrigen sieht man im Späthellenismus eine Inflation kleine-
rer, vielfach als Schmuck von Privathäusern verwendeter Skulptu-
ren. Die Künstler arbeiten unverdrosen weiter, und die Abnehmer-
zahl steigt; es fehlen aber, vor allem im griechischen Raum, die
hochgestellten Auftraggeber. Man darf deshalb in diesem ein prä-
zises Thema verfolgenden Buch keine allgemeine Erörterung
späthellenistischer Plastik erwarten. Was in der Stilentwicklung
vor sich ging, kann man auch den drei im Folgenden behandelten
Bildwerken entnehmen, deren Auftraggeber bekannt sind und die
wesentliche Themen der griechischen Plastik - das Bild eines Man-
nes, eines Kindes, einer Frau und mit dem Giebel von Ephesos
auch das Gebiet der Bauplastik - vor Augen führen. Die Auftrag-
geber sind interessanterweise die tatsächlich historisch bestim-
menden Persönlichkeiten der letzten Epoche des Hellenismus:
Mithridates VI. von Pontos, Caesar und Marcus Antonius. Auch
auf Pompeius Magnus ist zu verweisen, der wahrscheinlich die
Siegesgöttin auf dem Schiffsbug von Kyrene und sicher die Mu-
senstatuen in seinem Theater in Rom 55 v. Chr. in Auftrag gegeben
hat. Von der Betrachtung der von römischen Grossen in späthelle-
nistischer Zeit in Auftrag gegebenen Werke darf man einen beson-
deren Aufschluss über das Wesen späthellenistischer Skulptur er-
warten, weil hier die griechischen und die italischen Kunströmun-
gen zusammenfliessen.

39. Herakles, Telephos und König Mithridates VI. von Pontos

Für das Verständnis der kunstgeschichtlichen Vorgänge am Ende
des Hellenismus und in der Zeit, in der Rom die Führung auch in
der Kunst übernahm, ist ein neuerdings ins Blickfeld der Forschung
getretenes Werk besonders eindrucksvoll: Die Statue des Herakles
mit dem kleinen Telephos auf dem Arm im Museo Chiaramonti in
Rom, von der ein Kunstkenner wie Johann Joachim Winckelmann
1767 im Trattato prcliminare der Momuneiüi inediti 99 schrieb: "Diese
Statue ist der blühendsten Zeiten der Kunst würdig, und sie über-
trifft, selbst abgesehen von der Vortrefflichkeit der Zeichnung, in
der Arbeit der Haare alle Figuren des Hercules in der Welt."

Man fühlt sich bei der Betrachtung dieser Statue sofort an zwei

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