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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0248

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Herakles, Telephos und König Mithridates VI. von Pontos

auf dem Kapital in Rom erhalten. Ein weiteres triumphales Schau-
stück aus der Residenz des Mithridates selbst, mit dem der König
antirömische Propaganda getrieben hatte, dürfte auch die Herakles-
statue mit dem kleinen Mithridates als Telephos gewesen sein, der
in sich das Wesen des Bringers des Reichtums und des rauschhaften
Dionysos vereinte. Mithridates hatte versprochen, die Griechen
Kleinasiens für fünf Jahre von allen Tributleistungen zu befreien,
und er hatte sich, um seinen neuen Untertanen zu gefallen, den
Beinamen Dionysos zugelegt. Als neuer Telephos wollte er den
Griechen ein Eupator sein und durch seine Abstammung von Hera-
kles und Alexander dem Grossen seine Legitimation bekräftigen.

Die komplexe, unmissverständliche Aussage der Statuengruppe
im Museo Chiaramonti und die Tatsache, dass man diese Skulptur
in den kurzen Zeitraum 88-85 v. Chr. datieren kann, in dem Perga-
mon als Residenz des Königs diente, macht dieses qualitätvolle
Werk zu einem wichtigen Fixpunkt der Kunstgeschichte in der Zeit
des Übergangs von der griechischen zur römischen Kunst. Es ist
zugleich ein Musterbeispiel für den späthellenistischen Eklektizis-
mus, bei dem mit grosser Virtuosität verschiedene Elemente von
Vorbildern der klassischen Kunst des vierten Jahrhunderts v. Chr. -
eine Heraklesstatue spätpolykletischen Stils, ein dem Bildnis Phil-
ipps II. von Makedonien verwandter Kopf, Einzelheiten der Eirene
mit dem Ploutos-Knaben des Kephisodot und des Hermes mit dem
Dionysos-Knaben des Praxiteles - zu einer neuen Schöpfung zü-
rn Fras'cati- sammengeführt wurden. In dieser Statuengruppe werden auf un-
Paris Louvrc oben erwartete, aber eindrucksvolle Weise die politischen Absichten
und Berlin einer trotz ihres Scheiterns welthistorisch interessanten Persön-
Mitte und unten, lichkeit anschaulich.

88-85 v. Chr. Dass diese Persönlichkeit auch das historische Vorbild der Haupt-

person in Mozarts Jugendoper "Mithridate, Re di Ponto" werden
sollte, erweist sich dann als besonders interessant, wenn man die
vorrevolutionäre Epoche bedenkt, in der diese erste Opera Seria des
vierzehnjährigen Wunderkindes in Auftrag gegeben wird. Das
Schlussquintett der Oper, das mit dem Wort Liberth endet, könnte
auch das Motto des historischen Mithridates gewesen sein:

Non si ceda al Campidoglio, Nicht dem Kapitol sich beugen,

Si resista a quel orgoglio, Widerstehen jenem Stolze,

Che frenarsi ancor non sa. Der sich nicht vermag zu zügeln.

Guerra sempre e non mai pace Krieg, nicht Frieden sei die Antwort

Da noi abbia un genio altera, Diesem unerhörten Hochmut,

Che pretende al mondo intero Der dem weiten Erdenrunde

D'involar la libertä. Wehrt, in Wahrheit frei zu sein.

Mythische Beispiele sollen Geschichte erfahrbar nachen. Mithri-
dates VI. spiegelt sich nicht nur in Telephos, sondern auch in Hera-
kles. Ein Porträt im Louvre mit dem Löwenskalp zeigt die Züge des

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Bildnisse
Mithridates'VI

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