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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0271

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Ergebnis: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik

Beginnen wir bei einer zusammenfassenden Überlegung zur Rol-
le der Betrachter hellenistischer Plastiken bei deren Erforschung mit
den Begriffen aUtheia, Wahrheit, källos, Schönheit, und megethos,
Grösse, die der 'Betrachter' Xenokrates in den Meisterwerken helle-
nistischer Plastik zu finden erwartete. Es sind dies die entscheiden-
den Begriffe, die aus der reinen Nachahmung der Natur, aus dem
Realismus, erst ein Kunstwerk machen und die man sich gegenwär-
tig halten muss, wenn man hellenistische Plastiken in ihrer Eigenart
verstehen möchte.

Auch die Aussage, die Skulptur des Flusses Eurotas des Eutychi-
des sei "flüssiger als der Fluss", die den Begriff der Steigerung be-
wusst macht, welcher bei allen Gattungen hellenistischer Skulptur
eine so entscheidende Rolle spielt, wird einem 'Betrachter' ver-
dankt. Sie ist eine Interpretation des unmittelbar nicht Möglichen,
aber anschaulich Erfahrbaren. Die Figur wirkt durch ihr vom Künst-
ler gestaltetes Bewegungsmotiv und ihren Stil "nasser als Wasser",
wie ein anderer 'Betrachter' meinte. Das Gegensatzpaar von Gliome
und Rhome, Geist und Macht, das in der Demosthenes-Statue des
Polyeuktos anschaulich wird, ist schon von antiken Betrachtern
beim Namen genannt worden. Die Aphrodite des Doidalsas ist die
Frucht einer Auseinandersetzung des Künstlers mit der unerhörten
Wirkung, die das Götterbild der Aphrodite des Praxiteles auf die Be-
trachter hatte. Phyromachos erhielt von den Betrachtern den Ehren- Kleopatra Seite 247
preis, als einer der sieben grössten angesehen zu werden, und er ist 46 11 '
der einzige hellenistische Bildhauer neben sechs klassischen, dem Odysseus Seite 253
diese Ehre zuteil wurde. Der Pergamonaltar wird von einem antiken 40-31 v. Chr.
Betrachter unter die Weltwunder eingereiht, ein Urteil, das alle heu- ■■■■^
tigen Betrachter teilen werden. Die Skvllagruppe kennt man aus der ' ,

Beschreibung von nicht weniger als fünf Betrachtern, die sie .uil
dem Hippodrom von Konstantinopel bewundert haben. Nur durch t
sie war es möglich, die Geschicke dieses epochalen Meisterwerkes •'»•' ' _ M'j I \
bis zur Zerstörung im lateinischen Kreuzzug 1204 1205 zu verfol- I 4

gen. Besonders interessant ist der von Plinius {nat. 36, 33) überlie- ml jjjl'jQ

ferte Anspruch des Asinius Pollio an die Betrachter seiner Kunst- Wifmmß
Sammlung in Rom, sie sollten seine Statuen mit der ihm selbst eige- Hj ff;
nen lebhaften Scharfsinnigkeit bewundern. wj\ j%\

Schliesslich ist nicht zu vergessen, dass du Künstler selbst auch ■ /',! in

Betrachter waren; nicht nur Betrachter ihrer eigenen Werke, son-
dern, abgesehen von der Natur, die sie als Lehrmeisterin verehrten, * j
auch der Werke ihrer Vorgänger, die ihnen den Weg wiesen. Wenn ** ™tB
man im Pergamonaltar die Anregungen nachvollzieht, welche die >Jj h
Skvllagruppe diesem grossen Werk gegeben hat, dann begegnet Hrs! '
man Phyromachos in der Rolle des Betrachters. Auch die Anspie-
lung auf die klassischen Göttergestalten von Poseidon und Athena ■•'Efflfc
im Westgiebel des Parthenon in den Gestalten von Zeus und Athe- EKr f^BM
na im Ostfries des Pergamonaltares zeigt Phyromachos und mögli- ^RBHSL:*1-

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