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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0272

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Ergebnis: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik

Laokoongruppe
Seite 215
140/139 v. Chr.

I

cherweise auch seinen Auftraggeber Eumenes II. als Betrachter von
Kunstwerken. Mit deren Augen versteht man sowohl die Skylla-
gruppe als auch den Gigantenfries besser.

Auftraggeber, Schöpfer und Betrachter wirken bei der Entstehung
eines Kunstwerkes zusammen. Um das Kunstwerk tiefer erkennen
zu können, ist es deshalb notwendig, diesem Zusammenwirken
nachzuforschen, wie es hier ansatzweise versucht wurde.

44. Schlussbetrachtung: Auftraggeber, Schöpfer und

Betrachter der Skyllagruppe und der Laokoongruppe

Das Wichtigste bei dem präzisen Ansatz dieses Buches ist, dass
durch die Einbeziehung aller drei für die Verwirklichung eines
Kunstwerkes notwendigen und mit verschiedener Gewichtung be-
teiligten Gruppen, nämlich des Auftraggebers, des Schöpfers und
der Betrachter, in bestimmten Fällen ein sicheres Entstehungsdatum
einer Skulptur festgestellt werden kann. Zieht man nur einen der
drei heran, so ist ein Irrtum nicht ausgeschlossen.

Als Beispiel diene ein letztes Mal die Laokoongruppe. In bezug
auf sie stehen sich in der Wissenschaft zwei ausreichend begründe-
te Meinungen unvereinbar gegenüber. Man wird zugeben müssen,
dass die eine - trotz aller gelehrten und scharfsinnigen Argumente,
welche nach Goethe (Maximen 49) geistreiche Autoren am wenig-
sten verlassen, wenn sie unrecht haben - letztlich an der aufs Jahr 42
v. Chr datierten Basis der Bronzestatuen des Priesters Philippos von
Lindos und seiner Frau Agauris (Lindos, 347 b, 130) hängt. Denn
diese ist von einem Bronzegiesser namens Athanadoros signiert.
Wenn sich nachweisen Hesse, dass dieser Bildhauer derselbe ist, der
mit Hagesandros und Polydoros gemeinsam die Skyllagruppe von
Sperlonga signiert hat, dann hätten diejenigen recht, welche die
Laokoongruppe praeter propter in die Zeit um die Mitte des ersten
Jahrhunderts v. Chr. datieren wollen.

Der Name Athanadoros Hagesandrou genügt aber nicht, um die
Identität des Bildhauers zu erweisen. Dieser Name war in Rhodos
ebenso gang und gäbe wie der Name Hagesandros. Man braucht
noch wenigstens ein weiteres Element, um wahrscheinlich zu ma-
chen, dass es sich in Lindos und in Sperlonga um denselben Athana-
doros handelt. Ein solches Element ist bisher nicht bekanntgewor-
den. Man sieht vielmehr, dass der Athanadoros von Lindos Bronze-
giesser war, während der Athanadoros von Sperlonga einer der drei
grössten Marmorvirtuosen aller Zeiten gewesen ist. Man muss mit
der Gleichsetzung der beiden Künstler deshalb vorsichtig sein.

Die andere Meinung geht nicht von einer einzigen Bildhauerin-
schrift aus, sondern von einer ganzen Reihe eng miteinander ver-
zahnter Elemente. Grundlage ist auch hier eine Inschrift, die im

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