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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0273

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Schlussbetrachtung: Auftraggeber, Schöpfer und
Betrachter der Skyllagruppe und der Laokoongruppe

Grunde nicht ungewisser datiert ist als die Inschrift des Athana-
doros von Lindos. Es ist die Inschrift am Schiff der Skylla von Sper-
longa, die nicht nur wie die Inschrift von Lindos den einen, durch
nichts anderes näher erläuterten Athanadoros nennt, sondern
Athanadoros, Hagesandros und Polydoros von Rhodos samt ihren
Vatersnamen. Obgleich Plinius bei der Nennung der gleichen Na-
men im Fall der Laokoongruppe die Namen der Väter nicht er-
wähnt, genügen die vier voneinander unabhängigen Elemente der
Gleichung, nämlich dass drei Namen und der Herkunftsort über-
einstimmen, um die Identität derselben zu erweisen. Als bestätigen-
des Element kommt der übereinstimmende Bildhauerstil hinzu. Da
die meisten der Kontrahenten bei der Auseinandersetzung um die
Datierung und die Interpretation der Laokoongruppe darin über-
einstimmen, dass die Laokoonbildhauer und die Skyllabildhauer
dieselben sind und dass Tiberius der Besitzer des Praetorium Spelun-
cae, also der Grottenvilla von Sperlonga, war, müsste der Nachweis
genügen, dass die Skyllagruppe für die Grotte von Sperlonga ange-
fertigt wurde, um ein annäherndes Datum auch für die Laokoon-
gruppe zu finden.

Dass die Skyllagruppe für Sperlonga in Auftrag gegeben wurde,
ist durch zwei Umstände eindeutig bewiesen. Die Skyllagruppe ist
erst durch die 1996 vollendete, jetzt im Museo della Civiltä Romana
in Rom ausgestellte Rekonstruktion wirklich kenntlich geworden.
Sie ist so kompliziert und wegen ihrer durchbrochenen Arbeit, ihres
ungeheuren Tonnengewichtes und der dünnen Basisplatte so zer-
brechlich, dass sie nach der Ausarbeitung schlechterdings nicht
mehr transportabel war. Sie muss also auf ihrer Basis im runden
Becken in der Höhle aus dem Marmor gehauen worden sein, viel-
leicht nicht einfach aus dem Block, mindestens aber aus der Bosse.
Zweifellos kann die Form im Groben bereits im Steinbruch bossiert
worden sein. Aber letzte Hand konnte man erst am endgültigen
Aufstellungsort anlegen, wenn sicher war, dass die Skulpturen-
gruppe nicht mehr bewegt zu werden brauchte.

Dieser Tatbestand geht aus der zweiten hier nachdrücklich ins
Bewusstsein zu hebenden Tatsache hervor, nämlich dass rings um
die Basis der Skylla tonnenweise kleine und kleinste Abschläge der
Marmorskulptur gefunden wurden. Man hatte sie - möglicherwei-
se wegen der schönen Marmorfarbe - auf dem Grund des Beckens
liegen lassen, weil das 1,50 m tiefe Wasser dann heller schimmerte.
Unwahrscheinlich ist, dass man irgendwelche Marmorsplitter dort
abgeladen und ausgebreitet hat. Die Splitter haben alle den jedem
Bildhauer bekannten Punto, der vom Schlag mit dem Meissel
herrührt. Sie sind also eindeutig Abschlag und fielen natürlich, ein-
fach der Schwerkraft folgend, rings um die Skulptur, von der sie ab-
geschlagen wurden, zu Boden. Die Gruppe ist also offensichtlich
nicht als fertige Skulptur - von wo auch immer - nach Sperlonga ge-

Skyllagruppe

Seite 269

Uw 180 v. Chr.

Abschläge der
Skyllagruppe
Sperlonga,
Mus. Arch.
4-26 ii. Chr.

269
 
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