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Einleitung.

Was länger als ein Jahrtausend im Kreise des reli-
giösen Bewusstseins eines Volkes bestanden hat und von
ihm für heilig-, unsagbar und unantastbar gehalten wurde,
das ist so mit dessen Denken und Empfinden verwachsen,
dass es sich nicht wieder trennen, sondern nur allmäh-
lich umbilden und neuer Geistesrichtung anpassen lässt.
Denn wenn Göttliches mit dem Verstände erfasst wird,
verfällt es der untersuchenden Kritik und der intellek-
tuellen Erkenntnis, wird es aber mit dem Gemüte er-
griffen, dann äufsert es seine Wirkung auf das Gefühls-
und Geistesleben so unmittelbar, dass der es aufnehmende
Mensch gar nicht bestrebt ist, ein festes, klares Wissen
von dem Übermenschlichen zu gewinnen, sondern hinge-
geben seiner überwältigenden Macht und hingerissen von
Begeisterung sich mit einem unbestimmten Daseinswissen
begnügt und in seinem Thun seiner Phantasie oder auch
seinem AVahn Ausdruck zu geben sich bemüht. Dieser
Vorgang im Innern des Menschen ist ein Geheimnis, ein
Mysterium der Seele, das dem geistigen Auge verborgen
bleibt. Die Griechen jedoch, ein Volk, das in Anschau-
ungen lebte, wollten auch solche Vorgänge anschaulich

gestalten; sie ersannen deshalb sinnbildliche Handlungen.

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