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Apfelstedt, Heinrich Friedrich Theodor [Hrsg.]; Fürstlich-Schwarzburgischer Alterthumsverein [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Fürstenthums Schwarzburg-Sondershausen (Band 2): Die Oberherrschaft — Sondershausen, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.19417#0119

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110

Neustadt.

Die Kirche und zwar die erste, welche das Dorf erhält, ist noch im Bau begriffen,
doch ihre Vollendung nahe, — der Grundstein zu derselben wurde am 22. Aug. 1886 gelegt —.
Bald nach der Gründung des Dörfchens wurde dasselbe mit seinen damals wenigen Be-
wohnern, um deren religiöse Bedürfnisse zu befriedigen, nach Breitenbach eingepfarrt,
und dorthin wurden auch seine Verstorbenen beerdigt — ein Weg dahin heisst davon
noch der Todtenweg —. Nachdem aber in dem mit unserem N. gleichzeitig ge-
gründeten Dörfchen Neustadt meiningerseits 1739 eine Kirche erbaut worden war,
wurde das diesseitige Neustadt dorthin eingepfarrt, und dies Verhältniss bestand bis
1856, von welcher Zeit an letzteres nach Altenfeld eingepfarrt wurde, dessen Pfarrer
jedoch einen Sonntag um den andern in dem Schulzimmer zu N. Gottesdienst zu
halten hatte. Im Jahre 1884 trat zwischen den beiden Neustadt wieder das frühere
kirchliche Verhältniss für die Zeit ins Leben, bis zu welcher der begonnene Bau der
eigenen Kirche vollendet sein wird.

Die beiden Kirchenglocken von 0,85 und 0,65 m u. D., zu welchen der
Kaiser der Gemeinde erbeutete Kanonenbronce geschenkt, wurden 1880 von Georg-
Schüler zu Apolda gegossen und hängen in einem 187,3 erbauten Glockenhause.

Bis zum Jahre 1853 war das diesseitige Neustadt in das meiningische auch
eingeschult.

Obwohl die beiden Dörfer Neustadt erst ums Jahr 1700 gegründet wurden, so
unterliegt es doch keinem Zweifel, dass sie nicht die ersten Ansiedelungen dort sind,
vielmehr an ihrem jetzigen Standorte oder in dessen Nähe schon lange vorher solche
stattgefunden haben, aber wieder untergegangen sind, nachdem der Bergbau, welcher
zu Niederlassungen daselbst Veranlassung gegeben, wieder eingegangen war. Von dem
einstigen Betrieb des Bergbaues dort zeugen noch die eingesunkenen Schachte und das
um dieselben aufgehäufte taube oder unnütze Gestein, wie solche namentlich in dem
sog. Vaterunserthälchen unweit Neustadt zu sehen sind. Es wird aber auch sogar
eines Wohnorts in jener Gegend gedacht, welcher in einem alten Briefe von 1489 unter
dem Namen Neuenstadt und die alte Bergstadt vorkommt.

Von den ehemaligen Erwerbsquellen der Bewohner unseres Dorfes — vergl.
Einleitung — sind die meisten eingegangen; unter denjenigen, welche an deren Stelle
getreten sind, steht die Fabrikation von Schwefelhölzern oben an, während die früher
in sehr bedeutendem Umfange betriebene Fabrikation von Feuerschwamm mehr und
mehr zurückgegangen ist.

Aus den Zeiten, in welchen dort Bergbau betrieben wurde und Berggeister eine
wichtige Bolle spielten, gehen noch mancherlei Sagen dort von Mund zu Mund. Einige
knüpfen sich insbesondere an das erwähnte Vaterunserthälchen an und wissen viel von
einem verfallenen Schlosse und einer weissen Frau zu erzählen, welche letztere mit
einem Bunde Schlüssel sich oft gezeigt und diesem oder jenem gewinkt habe.

Aber auch bezüglich der Gründung des jetzigen Dorfes hat sich eine Sage ge-
bildet, in welcher sich jedoch Wahrheit und Dichtung die Hand reichen. Diese Sage ist:

Es war an einem schönen Herbsttage des Jahres 1699, als der Graf A. G. v.
S., nachdem er im Walde unweit des Rennsteigs dem edlen Waidwerke stundenlang
obgelegen, sich nach einem erquickenden Trünke sehnte. Glücklicherweise lag, wie er
wusste, in der Gegend, wo er sich befand, eine Köhlerhütte, und zu dieser lenkte ei-
serne Schritte. Sobald er sie und den bei ihr beschäftigten und ihm wohlbekannten
Köhler erblickte, rief er: Kunz, schaffe mir schnell einen Becher frisches Wasser!
 
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