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Apfelstedt, Heinrich Friedrich Theodor [Hrsg.]; Fürstlich-Schwarzburgischer Alterthumsverein [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Fürstenthums Schwarzburg-Sondershausen (Band 2): Die Oberherrschaft — Sondershausen, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.19417#0120

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Neustadt. — Oehrenstock.

111

Rasch ergriff dieser seine hölzerne Kanne, eilte zu einer nahen Quelle, und bald kehrte
er wieder, dem Grafen den gewünschten Trank zu überreichen. Freundlich dankend
nahm dieser die Kanne entgegen; aber als er den Deckel derselben zurückgeschlagen
und im Begriff war, zu trinken, da blickt ihm vom Boden der Kanne ein junger Frosch
keck entgegen. Doch nur einen Augenblick zögert der Graf, dann löscht er seinen
Durst mit sichtbarem Wohlbehagen. Als er aber dem Köhler die Kanne zurückgibt
und ihn lächelnd auf den ungebetenen Gast in derselben aufmerksam macht, — da ruft
jener zum Tode erschrocken aus: Gnädiger Herr, haben Sie Erbarmen, und will ihm
zu Füssen fallen. Doch der leutselige Graf wehrt dem und spricht: Lass gut sein,
Kunz, mir hat das Wasser trotzdem gut geschmeckt, und ich will dir darum meinen
Dank nicht schuldig bleiben. Du magst dir dort am Saume des Waldes ein Gasthaus
bauen, den Platz und das Holz dazu schenke ich dir, aber zur Erinnerung an das
heitere Ereigniss des heutigen Tages gibst du demselben die Firma: Zum kalten
Frosch! Und so geschah es. Noch ehe das Jahr 1700 seinen Lauf vollendet hatte,
stand das Gasthaus, das erste Gebäude des jetzigen Dorfes Neustadt, fertig da, und
es fehlte ihm auch die befohlene Firma nicht. — Sei es nun, dass einer der nach-
maligen Besitzer des Gasthauses nichts von jener Sage wusste, oder dass er besonders
gute Geschäfte als Gastwirth machte, genug er änderte die alte Firma in: Zum gol-
denen Frosch! und — das ist Wahrheit ohne Dichtung — diese Firma hat das
Gasthaus noch heute. —

Noch dürfte zu erwähnen sein, dass im Jahre 1841 unter einer alten Fichte in
der Nähe Neustadts ein höchst interessanter Fund gemacht wurde. Derselbe bestand
in einer Anzahl sehr merkwürdiger, aus einer Glascomposition bestehender Perlen,
sog. Millefiori (tausendblumiges Glas). Sie sind kein inländisches Fabrikat, vielmehr
wird die Kunst, solche zu verfertigen, nach dem Urtheile Sachverständiger zuerst bei
den Römern und dann im Mittelalter bei den Venetianern gefunden. Von den letztern
mögen jene Perlen wohl herrühren, da, wie die Sage geht, sich früher mehrmals Vene-
tianer in Thüringen und namentlich in den Gebirgen der Herrschaft Gehren einfanden,
um daselbst nach ergiebigen Erzadern zu forschen, und auch erzhaltiges Gestein zur
genauem Untersuchung von hier mit sich nahmen. — Eine Anzahl jener Perlen wird
im fürstlichen Naturaliencabinet zu Sondershausen aufbewahrt. —

Oehrenstock,

Pfarrkirchdorf mit 530 Einw., 6,0 km nordwestlich von Gehren, liegt am Fusse des
Heidelberges und an dem obern Rande eines Thaies, Grund genannt, welches sich
von S. nach N. erstreckend allmählich senkt und in das Thal der Ilm verläuft.

Urkundliche Namensformen: Ernstock, Orenstock und Oerenstock.

Die Kirche St. . . ist das erste Gotteshaus des Orts und wurde 1740 an der
Stelle erbaut, wo vorher das Wohngebäude des dortigen Edelhofes, der Familie von
Wüllersleben gehörig, stand. Bevor Ö. eine eigene Kirche hatte, war es nach Lange-
wiesen eingepfarrt.

Von den drei Kirchenglocken mit 0,76,-0,62 und 0,50 m u. D., welche in
einem westlich von der Kirche gelegenen Glockenhause hängen, wurde die grosse 1884
 
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