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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 1.1877

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Heft 2
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Michaelis, Adolf: Die Priaposara des Euporus aus Aquileia
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https://doi.org/10.11588/diglit.9391#0114

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92

ment. Es stellt neben der Tyche einen auf zwei Menschenbeinen
in der Stellung des Kairos leise dahinschreitenden Dämon dar, des-
sen geflügelter Oberkörper von einem kolossalen Phallus gebildet
wird 36). Der wohlgemeinten scalpellata, welche der fromme Besitzer
dem unschicklichen Dämon hat angedeihen lassen, ist es doch nicht
so vollständig gelungen den Stein des Anstosses zu entfernen, wie
jenem englischen Bildhauer, welcher einen säugenden Hermaphro-
diten in eine schlafende Venus umformte 37). Anstatt des Priapos
aber haben Jahn 3S) und Panofka 39) mit Recht darin den Tychon
erkannt40). — Vielleicht stammt aus Aquileia, sonst jedenfalls aus
der Nähe, noch ein anderes nicht minder eigenthümliches Relief,
welches zu Triest im Museo Lapidario aufbewahrt wird (s. oben
S. 37); wenigstens ist ja aquileiensisches Gut auch schon vor Alters
dorthin verschlagen worden. Das etwa 0"45 M. hohe Relief zeigt
Priapos stehend41). Er ist bärtig, kahlköpfig, mit stark gebogener
Nase dargestellt; ein Kranz oder eine Binde umschlingt sein Haupt.
Statt des Chiton trägt er nur eine Chlamys, doch bildet auch diese
mit Hilfe des linken Arms einen Schurz, der mit Früchten gefüllt
ist. Die Rechte legt er an ein hohes, oben palmenartig sich ausbrei-
tendes Binsenrohr, das ihm als eine Art ländlichen Scepters dient,
wie er auf der Ära zu Corneto den Thyrsos führt; man denkt an
den horazischen Priap 42): ast importunas volucres in vertice arundo
terret fixa vetatque novis considere in hortis. Am augenfälligsten
aber ist das gewaltige Glied, welches auf ein am linken Rande des
Reliefs befindliches Auge zielt. Hier sehen wir also den Gott, der
Felder und Gärten zu schützen berufen war, als eigentlichen Tipöc
touc ßao~K0uvovTdc ti tujv kcxXujv KoXaarf)v43) seine mächtige Waffe

3aj Bertoli antich. di Aquil. S. 33 no. XXIV. Wieseler Denkm. d. alt. Kunst
II, 73, 936. Gerhard ges. Abh. Taf. 51, 3.
37) Arch. Zeit. 1874 S. 23 no. 25.
3S) Spec. epigr. S. 66. Sachs. Ber. 1855 S. 72.
3V) Arch. Zeit. 1844 S. 251.

40) Die von Gerhard arch. Auz. 1853 S. 303 damit verglichene kilikische
Terracotta ist doch nach der Beschreibung Barkels [Laves and Penates S. 224)
ziemlich verschieden: the head and upper half of a figure closely draped; the head
at first view seems to be covered with a keimet dravon over the face. But . . . the
head is a phallus!

41) Die Abbildung bei Ireneo della Croce Historia di Trieste S. 198 ist völlig
unbrauchbar. Das Auge fehlt ganz und über den Phallus ist züchtig der Mantel
des Gottes gebreitet, welcher durch einen Schäferhut und freundliche Mienen vol-
lends harmlos gemacht worden ist.

«) Sat. 1, 8, 6.
43) Diod. 4, 6.
 
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