Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn (3.1879)

Die Gruppe der Tyrannenmörder

auf einem Lekythos der Sammlung Scaramanga in Wien

(Taf. VI)

„Im Besitze von Frau E. Scaramanga in Wien befindet sich
eine interessante Sammlung griechischer Antiquitäten, welche nach
Aussage der Besitzerin vor etwa vierzig Jahren bei Anlass eines
Hausbaues in Athen gefunden worden sind. Die Sammlung gehörte
früher dem k. griechischen Consul in Wien, Herrn Manzurani,
und ist während der Wiener Weltausstellung in der Abtheilung
Griechenland öffentlich ausgestellt gewesen, ohne indessen, wie es
scheint, gebührende Beachtung gefunden zu haben*). Es sind im
Ganzen gegen hundert Vasen, fast durchweg gut erhalten und durch
eine grosse Varietät der Formen ausgezeichnet; dazu kommen einige
Terracotten und ein Relieffragment aus Marmor. Bei einer genauen
Durchsicht des Ganzen sind mir die folgenden Stücke wichtig oder
doch bemerkenswerth erschienen:

1. Sogenannte Kotyle, hoch 011, im Durchmesser 0*162. Braune

Decoration auf gelbem Grund mit aufgesetztem Dunkelroth, sehr
alterthümlicher Stil. Sechs bekleidete Frauen schreiten nach rechts,
im gleichen weiten Abstände von einander (je drei auf jeder Seite
der Vase), die Arme in diagonaler Richtung steif nach links und
rechts ausstreckend und mit den Händen je einen Kranz oder Ring
fassend, so dass der ganze Zug gewissermassen eine geschlossene
Kette um das Gefäss bildet. Der Grund gleichmässig angefüllt mit
alterthümlichen Ornamenten. Auf den Backen der Frauen dunkel-
roth aufgesetzte Flecke.

2. Feinwandige Schale, 0 07 hoch, im Durchmesser 0'17. Innen
schwarz gefirnisst, aussen roth mit schwarzer Decoration. Aussen

*) Inzwischen ist die Sammlung mit Ausschluss des Marmorfragments von
dem österreichischen Museum für Kunst und Industrie käuflich erworben worden.
Archäologisch-epigr aphische Mitth, III, 6