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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 3.1879

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Sacken, Carl von: Neuere Erwerbungen der Antikensammlung des A. h. Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.9393#0138
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Schema des alten Typus befangen blieben. Darauf deutet manches
in der etwas rohen Detailausführung hin, so die ziemlich unver-
standene Markirung des Rippenkastens und einiger Muskel. Dagegen
hat die Figur nicht das Gepräge eigentlich archaistischer, absichtlich
und affectirt im alten Style behandelter Werke: dafür ist die Charak-
teristik zu bestimmt. Die dunkelgrüne, harte Patina mit rostfarbigen
Flecken gewährt ein unverkennbares Merkmal der Echtheit.

2. Stierbacchus, Sitzfigur aus Bronze, 16 Ctm. hoch, glaub-
würdiger Nachricht zufolge im Peloponnes gefunden (erwähnt von
Furtwängler in den Annali dett' inst.'XIÄ'K, p.202, n.l). Ein Jüngling,
in bequemer Haltung auf einem Felsen sitzend, den linken Fuss
etwas zurückgestellt, die rechte Hand, wenig über den Kopf erhoben,
hielt einen dünn anzufassenden Gegenstand in schräger Lage (also
kein Seepter, eher einen Thyrsus), die linke ruht, leicht geschlossen,
auf dem linken Knie. Ein langes chlamysartiges Gewandstück ist
nachlässig um den linken Unterarm geschlungen, das andere Ende
desselben fällt über den rechten Schenkel herab; die Bildung
des jugendlichen Körpers zeigt Kraft und gleichmässige Muskel-
entwicklung. In Uebereinstimmung hiemit steht das unbärtige Gesicht,
welches durch ausserordentlich starke Stirnhügel und Augenbrauen-
knochen, die kurze Nase, sehr volle Lippen und flache Wangen
einen trotzigen, wilden Ausdruck erhält; dieser wird noch verstärkt
durch das wirre Haar, das in ungeordneten, struppigen Partien das
Antlitz umrahmt, die Ohren völlig verdeckend und von zwei zu
beiden Seiten des Scheitels herauswachsenden Stier hörnern durch-
brochen1). Der Kopf ist nach links gewendet, die scharfblickenden
Augen, mit markirten Sternen, sind dahin gerichtet. Dies erklärt
sich durch den Umstand, dass zur Linken des sitzenden Gottes eine
zweite Figur (oder ein Thier) angebracht war; man sieht noch ein
viereckiges Loch, in welches dieselbe eingefügt war in dem deshalb
um ein Stück von 10 Ctm. Länge fortgesetzten Felsengrunde.

Die Figur, die ihrem Kunstcharakter nach in die frühere Dia-
dochenzeit zu versetzen sein wird, ist vortrefflich durchgeführt,
lebendig in der Bewegung, edel in der Bildung, obwohl etwas ge-
drungen in der Proportion, den Traditionen der peloponnesischen Schule
folgend. Auffassung und Gesichtsausdruck würden der Vorstellung

*) Wegen dieser verwirft Furtwängler seine in den Annali ausgesprochene
Deutung der Figur als arkadischer Pan und glaubt sie auf einen König der Dia-
dochenzeit beziehen zu sollen (Mitth. des deutschen archäol. Instit. in Athen, III.
Jahrg., 3. Heft, S. 294 n. 1.)
 
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