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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 4.1880

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Klein, Wilhelm: Studien zur griechischen Künstlergeschichte, [1]: die parisch-attische Künstlerschule
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https://doi.org/10.11588/diglit.9394#0018

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keiten die Erkenntniss nicht abgewiesen werden können, dass ausser
anderen sekundären Fehlerquellen, welche unserem heutigen Katalog
der Werke des Praxiteles Ungehöriges zuführten24), aus demselben
auch ein anderer fremder Bestandtheil auszuscheiden ist, ein Ver-
zeichniss der Werke eines Namensgenossen, dessen Hauptinhalt aus
Tempelkolossen und Göttergruppen, kurz aus Themen, wie sie der
phidiasschen Richtung am geläufigsten waren, besteht.

Diese im Allgemeinsten hervortretende Verschiedenheit zweier
durch drei Generationen von einander getrennten Epochen der grie-
chischen Kunst muss uns als Pfadfinderin auf unserem weiteren
Wege dienen. Zu sehr werden wir sie freilich nicht betonen dürfen,
denn im Grunde sind es immer dieselben Aufgaben die durch die
ganze Dauer des griechischen Kunstlebens eine Generation auf die
andere vererbt. Aber nicht in ihrer Lösung allein sondern schon in
der Art wie sie gestellt werden, spiegelt sich das Antlitz des Geistes
jeder Periode wieder.

So werden wir denn, um das Gesagte an einem Beispiele zu
demonstriren, bei der Erwähnung der von Pausanias in Megara ge-
sehenen Gruppe der Zwölfgötter des Praxiteles zwar sogleich an das
berühmte Gemälde gleichen Inhaltes seines Zeitgenossen Euphranor
erinnert und uns doch bei einem plastischen Kunstwerke desselben
Vorwurfes kaum wundern dass wir weiter nichts davon erfahren.
In feierlicher Stille sei es steifarchaischer Gebundenheit sei es
erhabener Würde phidiasscher Zeit wird unserer reconstruirenden
Phantasie eine solche Gruppe entgegentreten, eine Steigerung darüber
hinaus darf innerhalb des Rahmens dieser Kunst undenkbar er-
scheinen. Wir würden vermuthen dass sie diesen fertigen Typus der
Schwesterkunst zu weiteren Versuchen überliess. Doch sehen wir
zu was Pausanias (I 40, 2) berichtet:

I4) Dafür mag als Beispiel die Geschichte von der weinenden Matrone und
der lachenden Hetäre dienen welche bei Plinius 34, 70 steht, zumal sie in den Con-
troversen über den Charakter der praxitelischen Kunst eine Rolle gespielt hat. Wer
die Matrone war, darüber schweigt Plinius; von der Hetäre sagt er: hanc putant
Phrynen fuisse deprehendunlque in ea amorevi artificis et mercedem in voltu meretricis.
Das verräth, wie schon Jahn Berichte d. sächs. Ges. d. Wiss. 1850 S. 120 sah, als
Quelle ein Epigramm. Mochte dasselbe nun auf die thespische oder die delphische
Phrynestatue gehen, von beiden wissen wir welche Figuren ihnen zur Seite standen,
dort Eros und Aphrodite, hier Archidamus und Philipp. Eine dritte Phryne wegen
dieser weinenden Frau anzunehmen ist aber nicht nöthig. Das Epigramm hat
offenbar den Spottnamen der Phryne K\auo"rfeA.w<; (Ath. XIII p. 119 C) enthalten
und die Gruppe des Plinius war fertig. Es ist dasselbe Verfahren das wir schon
für die beiden Erzgruppen 34, 90 erkennen wollten.
 
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