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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 4.1880

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Klein, Wilhelm: Studien zur griechischen Künstlergeschichte, [1]: die parisch-attische Künstlerschule
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https://doi.org/10.11588/diglit.9394#0031

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25

Seitenstücke dieser Manier, und seine Behandlung des Agatharchos
zeigt am besten, wie er die Kunst und die Künstler in seinen Dienst
nahm. Der Skopas oder Praxiteles dem er den Auftrag zu diesem
Eros geben konnte musste vor Allem sein Zeitgenosse gewesen sein,
und dies waren die beiden älteren. Ob wir in jener Figur den
Ahnen des thespischen Eros oder den des Eros Himeros und Pothos
in Megara zu erblicken haben mag dahingestellt bleiben42).

So dürftig auch unsere Nachrichten über die Werke des älteren
Skopas sind so bietet doch wie bei seinem Genossen die Gesellschaft in
der wir ihn fanden, einige Anhaltspunkte zu seiner näheren Würdigung.

Zuerst in Verbindung mit Kaiamis wendet er sich dem auf-
gehenden Sterne des Phidias zu, als dessen treuen und doch selbst-
ständigen Mitarbeiter ihn zwei Götterbilder zeigen. Nach dem Tode
des grossen Meisters wird er sich nach dem Peloponnes gewandt
haben. Denn in ähnlicher Weise, wie er neben Phidias stand, steht
dort neben Polyklet Aristandros, in dem wir mit so hoher Wahr-
scheinlichkeit seinen Sohn vermuthen dürfen. Der dritte Chef des
Hauses beginnt ebenfalls im Peloponnes neben Naukydes und dem
jüngeren Polyklet seine künstlerische Laufbahn, um dann wieder an
die Stelle zurückzukehren, die sein Ahnherr verliess.

War das Haus der Praxiteles durch drei Generationen das
Haupt der attischen Plastik, so mag die Familie seines Landsmannes
als das Herz gelten welches den Kreislauf des Blutes besorgte. Sie
brachte phidiasischeTraditionen nach Argos, polykletische nach Athen
zurück. Mit der Wiedervereinigung der beiden Ausläufer aus der
alten attischen Kunstschule kommt in Athen eine neue Richtung
zum Durchbruch, die das specifisch Attische wie das speciell Pelo-
ponnesische überwunden und hellenische Ideale geschaffen, die sieg-
reich bis an die Enden der griechischen Welt drangen. Und wie
sie durch den Stammbaum ihrer Meister in äusserlichem Zusammen-
hang mit den Kreisen um Kaiamis und Phidias steht, so hat sie zu
ihnen auch innerlich ein enges Verhältniss. Ihrem eigensten Wesen
aber war der ältere beider congenialer, er war es auch der dem
alten Stocke die frischen parischen Schösslinge eingeimpft.

4r) Gelegentlich dieser Erosstatue der phidiasschen Zeit sei darauf aufmerk-
sam gemacht, dass dem Epigramm Planud. IV 207 Overbeck Schriftquellen 1264,
welches einst auf das praxitelische Bild in Parion bezogen wurde, ein archaisches
Werk zu Grunde liegt. Der Delphin und die Blume in den Händen, das Lächeln
auf den Lippen, rufen unwillkürlich die Vorstellung einer alterthümlich beladenen,
steif freundlichen Figur hervor.

WILHELM KLEIN
 
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