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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 4.1880

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Benndorf, Otto: Zur Venus von Milo
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https://doi.org/10.11588/diglit.9394#0075

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69

solche eine Reihe consequent einander bedingender Veränderungen.
Sie lassen sich fast durchaus darauf zurückfuhren, dass die Venus
von Tralles strenger oval ist als die Venus von Milo. An der
letzteren ist der Oberkopf und die Ausladung der Haare zu beiden
Seiten breiter, die Distanz der Ohren grösser, und im Zusammen-
hang damit sind die Wangen voller, die Nase kräftiger, das Kinn
etwas gerundeter, die Lippenspalte etwas gedehnter; die Haare
wachsen unterhalb der Schläfe weiter, verbindender in das Gesicht
herein, die Ohren stehen tiefer und etwas mehr zurück, die Kinn-
backen weiten sich nach unten energischer aus. Der Umriss des
Gesichtes und die Hauptrichtung der Flächenbewegung geht überall
mehr in das Runde, man hat den Eindruck einer ausgiebigeren Fülle,
einer quellenden Grösse der Formen, während die Venus von Tralles
durchgängig schmächtiger, feiner, zarter gehalten ist und damit theil-
weise die Vorstellung grösserer Jugendlichkeit gewährt. Von vorn
gesehen markirt sich an ihr die Verticale schärfer, oben durch ein
etwas grösseres Relief der Haare beiderseits vom Scheitel am Haar-
bande, unten durch einen leichten Schatten des Grübchens am Kinn;
die Nase erscheint länger, obwohl sie die nemliche Proportion besitzt,
weil ihr Rücken weniger breit, ihre Flügel um ein Geringes niedriger
sind und das Nasenbein sich entschiedener modellirt; die Ueberschnei-
dung der Ohren durch das Haar liegt hoch und bildet einen festen
Winkel, von welchem der schöne Backencontur langgestreckt in leich-
tem sanftem Schwünge herabläuft.

Hand in Hand mit dieser gleichmässig sich entwickelnden Ver-
schiedenheit in dem räumlichen Baue der Formen geht eine p r i n c i-
pielle Verschiedenheit der Formenauffassung und For-
menbehandlung im Allgemeinen in der sich ein abweichendes
technisches Verfahren und ein anders gearteter künstlerischer Ge-
schmack verräth. Um die eigenthümliche Art dieses Abstandes
durch einen Vergleich aus einer andern Kunstgattung zu verdeut-
lichen, möchte ich an den Gegensatz erinnern, in welchem etwa ein

Venus von Tralles

Venus von Milo

Gesichtsbreite von Ohr zu Ohr .

Stirnlänge.......

Nasenlänge.......

Länge des Untergesichts .
Breite der Nasenflügel

Mundbreite.......

Abstand der innern Augenwinkel
Abstand der äusseren Augenwinkel

0-1

0-044

0-044

0-05

0-028

0-027

0-027

0-067

0-151

0-07

0-07

0-072

0-041

0-048

0-04

0-098
 
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