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Ausgrabungen in Ossero
Seit einigen Jahren hat in Ossero der Erzpriester Monsignor
Bolmarsic, zum Theil mit Unterstützung des Ministeriums, fortlau-
fende Ausgrabungen veranstaltet, über welche Triestiner Zeitungen
hin und wieder wunderliche Notizen brachten und einmal auch im
Archeografo Triestino N. S. V S. 129—134 ausführlicher die Rede war*).
Nach diesen Mittheilungen musste es sich um eine reichere Ausbeute
handeln, und diese Erwartung fand ich bestätigt, als ich die Aus-
grabungen auf der Rückkehr von einer dalmatinischen Reise im
Herbst 1878 näher in Augenschein nehmen konnte. Da die Inseln
Ossero und Cherso in neuerer Zeit wenig besucht worden sind,
auch von Mommsen nicht besucht worden waren, hatte ich dabei
zugleich die Hoffnung, neue Inschriften finden zu können, eine Hoff-
nung, welche freilich abgesehen von einigen unbedeutenden Inedita
getäuscht worden ist. Die Stadt Cherso zu besuchen wurde ich
durch einbrechendes Unwetter und mangelnde Fahrgelegenheit ver-
hindert. Nach eingezogenen Erkundigungen sollen daselbst in
neuerer Zeit keine Alterthümer zum Vorschein gekommen sein.
Ich verliess das Lloydschiff am 8. October in Lussin piccolo
und zog von dort vier Stunden zu Fusse weiter auf der einzigen
Strasse, welche die Insel Ossero besitzt, einem schmalen Reitwege,
der zuerst an der langen schönen Bucht von Lussin piccolo vorbei
führt, dann an die Ostküste der Insel übersetzt**) und der Ostküste
entlang am Fusse des gleichnamigen hohen Berges bis an ihr Ende
führt, wo sie durch einen schmalen, schon seit Jahrhunderten über-
brückten Canal (Cavanella) von der Insel Cherso geschieden und
mit ihr verbunden ist. Dicht bei diesem Canale, an der Südspitze
der Insel Cherso, liegt der kleine Ort Ossero, das antike Apsorus.
Ossero ist heute ein elendes Dorf; früher war es eine grössere an-
sehnliche Stadt, hatte einen wohldotirten Bischofssitz, der noch in
diesem Jahrhundert, bis 1818, bestand, und mehrere jetzt meist in
Ruinen verfallene Kirchen, unter denen eine der Anlage nach wohl
*) Von Richard F. Burton, englischem Generalconsul in Triest, unter dem
Titel: „Scoperte antropologiche in Ossero".
**) Das schon seit längerer Zeit auf der Anhöhe über dem Hafenbassin von
Lussin piccolo erbaute Fort ist auf der neuesten österreichischen Generalstabskarte,
die auch im inneren Dalmatien mannigfacher Berichtigungen bedarf, noch nicht
verzeichnet.
Ausgrabungen in Ossero
Seit einigen Jahren hat in Ossero der Erzpriester Monsignor
Bolmarsic, zum Theil mit Unterstützung des Ministeriums, fortlau-
fende Ausgrabungen veranstaltet, über welche Triestiner Zeitungen
hin und wieder wunderliche Notizen brachten und einmal auch im
Archeografo Triestino N. S. V S. 129—134 ausführlicher die Rede war*).
Nach diesen Mittheilungen musste es sich um eine reichere Ausbeute
handeln, und diese Erwartung fand ich bestätigt, als ich die Aus-
grabungen auf der Rückkehr von einer dalmatinischen Reise im
Herbst 1878 näher in Augenschein nehmen konnte. Da die Inseln
Ossero und Cherso in neuerer Zeit wenig besucht worden sind,
auch von Mommsen nicht besucht worden waren, hatte ich dabei
zugleich die Hoffnung, neue Inschriften finden zu können, eine Hoff-
nung, welche freilich abgesehen von einigen unbedeutenden Inedita
getäuscht worden ist. Die Stadt Cherso zu besuchen wurde ich
durch einbrechendes Unwetter und mangelnde Fahrgelegenheit ver-
hindert. Nach eingezogenen Erkundigungen sollen daselbst in
neuerer Zeit keine Alterthümer zum Vorschein gekommen sein.
Ich verliess das Lloydschiff am 8. October in Lussin piccolo
und zog von dort vier Stunden zu Fusse weiter auf der einzigen
Strasse, welche die Insel Ossero besitzt, einem schmalen Reitwege,
der zuerst an der langen schönen Bucht von Lussin piccolo vorbei
führt, dann an die Ostküste der Insel übersetzt**) und der Ostküste
entlang am Fusse des gleichnamigen hohen Berges bis an ihr Ende
führt, wo sie durch einen schmalen, schon seit Jahrhunderten über-
brückten Canal (Cavanella) von der Insel Cherso geschieden und
mit ihr verbunden ist. Dicht bei diesem Canale, an der Südspitze
der Insel Cherso, liegt der kleine Ort Ossero, das antike Apsorus.
Ossero ist heute ein elendes Dorf; früher war es eine grössere an-
sehnliche Stadt, hatte einen wohldotirten Bischofssitz, der noch in
diesem Jahrhundert, bis 1818, bestand, und mehrere jetzt meist in
Ruinen verfallene Kirchen, unter denen eine der Anlage nach wohl
*) Von Richard F. Burton, englischem Generalconsul in Triest, unter dem
Titel: „Scoperte antropologiche in Ossero".
**) Das schon seit längerer Zeit auf der Anhöhe über dem Hafenbassin von
Lussin piccolo erbaute Fort ist auf der neuesten österreichischen Generalstabskarte,
die auch im inneren Dalmatien mannigfacher Berichtigungen bedarf, noch nicht
verzeichnet.