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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 5.1881

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Petersen, Eugen: Die dreigestaltige Hekate, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9395#0013
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erkennen lassen. Indem dieselbe nämlieh den Busen straff um-
schlossen vom Gewände heraustreten , auch den Hüftencontur in
langem Zuge sich entwickeln lässt, bringt sie die eigenthümliche
Bildung des weiblichen Körpers ganz anders zur Anschauung als
die ältere Weise, zugleich leidenschaftliche Bewegung weit mehr
begünstigend, was zu der freiei'en Stellung des Weibes, wie sie
Heibig für hellenistische Zeit nachgewiesen43), durchaus passt. Und
wer sollte bei so bewegten Gestalten die Schönheit der vom hohen
Gürtel in langem ungebrochenem Schwünge hinabwallenden Falten
nicht wahrnehmen? Unverkennbar scheint mir auch, dass das durch
Verlegung des Gürtels veränderte Verhältnis der beiden durch den
Gürtel getheilten Körperhälften jetzt ungefähr 1 : 2 statt früher 2 : 3
schon ohne Veränderung der wirklichen Proportionen den Gestalten
das Aussehen grösserer Höhe verleiht, hinzukommend also die un-
verkennbare Längung der Gestalten noch augenfälliger macht44).
So darf man die besprochene Aenderung der Tracht innerlich ver-
wandt und zusammenhängend mit der Lysippischen Proportions-
änderung nennen, bei der man gewöhnlich wohl nur an männliche
Gestalten denkt, die aber bei den vielen Gruppen aus Figuren
beiderlei Geschlechts, wie sie jenem Meister zugeschrieben werden,
nothwendig beide Geschlechter ergreifen musste.

Dass die hohe Gürtung bei völliger Entwicklung der weib-
lichen Form in hellenistischer Zeit die gemeingiltige ist, zeigt das
unbedingte Vorherrschen derselben in der grossen Masse der Sculp-
turen italischer Provenienz, und kam es daher, dass Winckelmann
K. G. VI. 1. 20 die hohe Gürtung als einzig übliche bezeichnet,
von der nur die Amazonen eine Ausnahme machten. Und vergleicht
man nun die zahllosen Gewandfiguren römischer Kaisermünzen, so
muss man in der durchgängig hohen Gürtung einen neuen Beweis
für die Abkunft der römischen Kunst von der hellenistischen er-
kennen. Als ein besonders treffendes Beispiel führe ich die Reliefs
vom Nervaforum Man ined. d. Inst, X, T. 40 ff. an, ganz besonders
die Athena Tf. 40, die in der herausfordernden Kühnheit und dem
grossartigen Schwung unverkennbar den Stempel der Diadochen-
zeit trägt.

43) Untersuchungen über die Campan. Wandmalerei S. 190 ff.

44) Man vergleiche bei Clarac 474 A die nebeneinander stehenden Athena-
figuren 860 c und 860 d.
 
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