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bekränzt, seinem ganzen Behaben nach priesterlich, mit feierlich
ausgestreckter Rechten die Gottheit beschwörend. Eine langbeklei-
dete Frau eilt, beide Arme entsetzt ausbreitend, von ihm weg; ihr
vorauf ein geängstigtes Kind, dem ein sich niederbückendes Mäd-
chen beide Hände entgegenstreckt. Diese letztere gehört einem
Chor von zwölf jugendlichen weiblichen Gestalten an, welche in
langwallenden zuweilen noch durch einen Umhang bereicherten Ge-
wändern in der mannigfachsten Haltung sitzend stehend schreitend
und mit den mannigfachsten Geberden Verwirrung Schmerz oder
Klage äussern. Die letzte rechterhand eilt mit erregter Armhaltung
nach aussen in das Freie, einem Jünglinge nach, der mit aufge-
löstem Gewände flieht, beide wie von Furcht hinweggetrieben,
in ihrer Bewegung das Ende markirend, und nach der Mitte zu-
rückweisend. Nicht blos der Zahl und räumlichen Ausdehnung nach
hebt sich der Chor der Mädchen als das bedeutendste Glied der
Reihe heraus. Der sinnvolle Wechsel ihrer Gruppirung, die klare
Anmuth ihrer Formen und Silhouetten welche zuweilen an den
edelsten Terracottenstil erinnert, die feine gedankenreiche Abstufung
ihres Ausdrucks von sinnender Betrübniss und declamirender Rede
an bis zu leidenschaftlicher Heftigkeit, wie sie sich mit natura-
listischer Unmittelbarkeit in einer auf Felsen sitzenden mittleren
Figur äussert, die mit zurückgeworfenem Oberkörper den Kopf
gen Himmel richtet und mit dem auffahrenden Arme gesticulirt,
während ihre lang und steif ausgestreckten Beine wie in jähem
physischem Schmerz aneinander gepresst scheinen — gewähren einen
Reiz dem man gerade hier bedauert nicht mehr in alle Einzelheiten
der Durchbildung folgen zu können.

Die Begebenheit selbst, die sich so reflectirt, spielt sich in
den beiden Streifen links von dem Tempel ab, und zwar mit
einem Feuer, das zu der harmlosen Vertiefung der Opfernden und
den ohnmächtigen Affecten der Festversammlung im glücklichsten
Gegensatze steht. Hier ist Alles in energischer höchster Eile und in
die Reihen von laufenden springenden ausfallenden und werfenden
Kriegern bringen zwei nach links hinjagende Viergespanne rauschen-
des Leben. Das eine ist oben in die Mitte, das andere unten links
an das Ende gestellt, die Rosse hoch aufgebäumt und nach links
eines hinter dem andern sich vorschiebend, so dass man, da auch
das Wagenrad perspectivisch gezeichnet ist, den Eindruck erhält,
als führen sie auf gebogener Strasse hintereinander nach vorn von
dem Heiligthume hinweg. Beidemale ist der Wagenlenker weit vor-
 
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