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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 7.1883

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Klein, Wilhelm: Studien zur griechischen Künstlergeschichte, [3]: die Dädaliden
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https://doi.org/10.11588/diglit.9397#0089
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leicht lässt sich die Sache zurecht rücken. Dass sie nur bildlich
zu verstehen sei ist ein stets probates Exegetengeheimmittel, und
die Doryphorosgeschichte ist fertig und wird geglaubt, so laut auch
der Apoxyomenos gegen ihre Wahrheit zeugen mag. Ein radicaler
Heilversuch ist es, den unbequemen Namen ganz wegzustreichen
und die liebe Natur allein wirken zu lassen.

Ich will zur Sicherung meiner Vermuthung, so weit eine solche
möglich ist, noch anführen, dass ihr kunstgeschichtliche Gründe
nicht hindernd gegenüber stehen. Durch den Fund des praxitelischen
Hermes vor Allem haben wir erkannt, dass die Umformung des
polykletischen Kanons durch Lysippos das siegreiche Vordringen
des attischen Schönheitsideales widerspiegelt. Und da ist es doch
sehr bezeichnend, dass wir mit Sicherheit die Wirkung solcher Ein-
flüsse gerade auf den jüngeren Polyklet zu erkennen vermögen. Er
arbeitet in Argos mit Skopas gemeinsam, in Megalopolis an der
Seite Kephisodots und Xenophons, er ist der einzige der Dädaliden,
dem wir ein Verlassen der alten Erztradition zu Gunsten der
Marmortechnik nachweisen können. Lysippos ist ihm hierin nicht
gefolgt, wenn wir auch allen Grund haben zu vermuthen, dass er
sonst weitergeführt habe, was dieser begann.

Aber von der schier unverwüstlichen Lebenskraft der Däda-
liden-Tradition legt es das glänzendste Zeugniss ab, dass des Mei-
sters begabtester Sohn das Banner der Reaction gegen ihn erhob.
Die wenigen Worte darüber bei Plinius genügen zu erkennen, dass
es der Doryphoros war, der gegen den Apoxyomenos in die
Schranken trat. Das Geschick hat den Euthykrates mit gleicher
Münze bezahlt, sein Schüler Tisikrates wird wieder Lysippi sectae
propior ut vix discernantur complura signa.

Damit scheint der Kampf innerhalb der Schule beendigt ge-
wesen zu sein. Die Acten darüber hat Xenokrates redigirt, von
dem Plinius, der ihn indirect benützt hat, nicht mehr weiss ob er
Schüler des polykletisch gesinnten Sohnes des Lysipp oder seines
lysippisch gesinnten Schülers war, ein Zweifel, der mich eine ur-
sprüngliche Angabe ähnlicher Fassung wie die bei Kantharos ver-
muthen lässt, etwa: EevoxpaTn?, (EuBuxpaToug uev Traipog, oiöao"Kd\ou
ujv TeiffiKpaTOUg. Unwahrscheinlich ist das gewiss nicht, es wäre
doch ein sonderbarer Zufall, wenn sich diese so anklingenden Na-
men : Euthykrates, Eutychides, Tisikrates, Xenokrates wirklich
zufällig zusammengefunden hätten. Hier wie überall in der Däda-
lidenzunft blicken wieder die Reste des Familienbandes durch. An

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