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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 10.1886

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Jireček, Konstantin: Archäologische Fragmente aus Bulgarien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12271#0140
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Im Folgenden will ^ich die auf antike Geographie und Epigraphik
bezüglichen Notizen meines Tagebuches in Kürze vorlegen.

Die Aufgabe der historischen Geographie ist in dieser Gegend
erschwert durch zwei Umstände. Einerseits ist das überlieferte
Material sehr unvollständig: die Angaben der römischen Itinerarien
sind hier sehr spärlich, die byzantinischen Daten lassen sich nicht
leicht in geordnete Routen gruppiren, die inhaltsreichen Routiers
des Arabers Edrisi (um 1150) werden erst durch genaue Verglei-
chung der Handschriften und Emendation des Textes eine festere
Grundlage erhalten können, und für neuere Zeiten fehlt ausser
einigen wenigen Relationen die Literatur der Reisetagebücher des
16. und 17. Jahrhunderts, die für die Wege von Constantinopel
nach Belgrad oder Ragusa so viele Anhaltspunkte zur Feststellung
alter Ortslagen bietet.

Andererseits ist die historische Ueberlieferung in diesen Ge-
genden sehr stark geschwunden, und zwar in Folge von gewaltigen
ethnographischen Veränderungen in der neuesten Zeit. Altansässig
sind nur die Bulgaren im Gebirge von Sumen, Kotel, Sliven, nebst
wenigen Dörfern des östlicheren Gebietes (Gulica, Rusokastro u.
s. w.) sowie in dem Innern des Strandzagebirges, sodann die tür-
kisch sprechenden Christen wahrscheinlich kumanischen Ursprungs
(die sogenannten Gagauzi) im Küstenland nördlich von Varna,
und endlich die Griechen der Seestädte Mesembria, Anchialos*
Sozopolis u. s. w.*). Neueren Ursprungs ist die ausgedehnte tür-
kische Bevölkerung des Ost-Balkans, der Landschaft Tozluk u. s. w.,
angesiedelt seit dem 16. Jahrhundert, ohne dass wir über die Ein-
zelheiten dieser uns doch der Zeit nach näheren Colonisation eine
genauere Kenntniss besässen. Andererseits zeugt die vorwiegend

*) Auf der Balkanhalbinsel gibt es zwei Gruppen türkisch sprechender
Christen, die Gagauzi von Varna und Pravadia bis Silistria und zu den Donau-
mündungen (besonders bei Balcik und Kavarna), und die Surguci in der Umgebung
von Adrianopel. Ohne hier auf die Einzelheiten dieser ethnographischen Frage
einzugehen, bemerke ich nur, dass sich dieselben durch ihren Typus von den christ-
lichen Nachbarn unterscheiden und dass das Türkische ihre ursprüngliche Mutter-
sprache ist. Es sind christianisirte Reste mittelalterlicher türkischer Volksstämme.
Die Gagauzi stammen wohl von den Rumänen ab, die im 13. Jahrhundert in
Bulgarien (wie in Ungarn) einen grossen Einfluss besässen; eine Dynastie kumani-
schen Ursprungs behauptete sich sogar durch drei Generationen auf dem Thron von
Trnovo. Die Surguci sind dagegen auf die in der KomneneDzeit in Thrakien (nach-
weisbar bei Beroe und an der Arda) colonisirten Türken und „Turkopulen" zurück-
zuführen.
 
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