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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 10.1886

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Jireček, Konstantin: Archäologische Fragmente aus Bulgarien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12271#0141
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türkische Nomenclatur der gegenwärtig meist bulgarischen oder
griechischen Dörfer des Tundzathales bis Adrianopel von einer com-
pacten, jetzt nicht mehr bestehenden osmanischen Bevölkerung.
Nach dem russischen Kriege 1829 wanderten die Bulgaren, be-
sonders des Tundzagebietes, massenhaft nach Bessarabien aus, wo
die neuen Colonistendörfer zum Theil noch immer die Namen der
alten Heimathsorte in den Gegenden von Jambol, Sliven u. s. w.
führen. Ein Theil dieser Emigranten wollte nicht bleiben und zog
nach 1830 aus Bessarabien wieder in die Heimath zurück, blieb
aber unterwegs in den verlassenen Dörfern nördlich vom Balkan,
so dass z. B. ein grosser Theil der jetzigen Bulgaren des Kreises von
Varna in zweiter oder dritter Generation aus der Landschaft von
Jambol abstammt. Daran schloss sich in neueren Zeiten eine starke,
wohl durch agrarische Ursachen bedingte Auswanderung bulgari-
scher Ackerbauer aus den dicht bevölkerten Landschaften von
Eski Zagra und Cirpan in das untere Tundzathal und das Gebiet
von Burgas. Daneben kann man eine durch das wechselnde Leben
der Wanderhirten, die zwischen dem Balkan und der Donauebene
hin- und herzogen, eingeleitete starke Ansiedelung von Bulgaren aus
dem Gebirge von Kotel in den Niederungen der Dobrudza (bei
Balcik, bei dem jetzt officiell zu Dobric umgenannten Städtchen
Hadzi - Oglu - Pazardzik u. s. w. bis Tulca) verfolgen. Der letzte
Krieg (1877 — 78) endlich brachte eine starke Auswanderung der
Osmanen aus dem ganzen Lande nach Constantinopel und Klein-
asien und die Anlage neuer bulgarischer Colonien aus der Gegend
von Adrianopel und Kyrkklisse in dem Küstenlande von Varna.
Das Resultat aller dieser ethnographischen Umwälzungen war das
Schwinden der an alten Ruinen haftenden Traditionen sammt der
ehemaligen topographischen Nomenclatur.

Der Ausgangspunkt meiner Reise war die ansehnliche Stadt
Jambol (1880 nach der damaligen Volkszählung 745 Häuser
mit 8463 Einwohnern), jetzt Endpunkt einer Zweigbahn der ost-
rumelischen Linie von der Station Tirnovo-Seimenli zum Balkan.
Die Stadt liegt zu beiden Seiten der Tundza inmitten einer frucht-
baren Niederung voll schöner Saaten. Den Horizont umschliessen
im Norden die östlichsten ganz niedrigen Ausläufer der Sredna Gora,
neben welchen die bläulichen Umrisse des Balkans von Sliven
emporragen, im Osten zwei an 300 Meter über die Ebene sich er-
hebende Kegelberge vulkanischen Ursprungs, der grosse und kleine
Bakadzik, im Süden das ähnliche Paar der isolirten Kuppen des

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