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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 13.1890

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Ziehen, Julius: Römische Bildwerke im Nationalmuseum zu Pest
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https://doi.org/10.11588/diglit.12274#0060
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50

Blickes an dem Gegner zu erproben. Dieser aber bat sieh vor-
sichtig, abgewandt — wir sollen ihn uns in den Schild blickend
denken, den ihm seine hinter ihm stehende Schutzgöttin mit
beiden Händen als Spiegel vorhält. Athene trägt den gegürteten
Chiton mit Uberwurf und auf dem Haupte einen Helm; vielleicht

— die Linien der Falten gestatten keine bestimmte Entscheidung

— sollen wir uns auch die Agis in der bekannten Weise vor
ihre Brust geknüpft denken. Der Blick der ruhig dastehenden
und deshalb kleiner als ihr vorgebeugter Lieblingsheld erschei-
nenden Göttin ist auf diesen gerichtet. Bei dem Motiv des Schild-
haltens ist dem Gesetze der Spiegelung wenig Rechnung getragen,
dafür weist die ganze Formgebung des Reliefs — vielleicht ab-
gesehen von dem etwas misslungenen nackten Gliederbau des Per-
seus — auf eine treffliche Vorlage hin. Wir haben es bei unserer
Darstellung, ebenso wie bei dem herculanischen Wandbild
Heibig No. 1182, Zahn III 23, mit einer anderen als der gewöhn-
lichen Version der Sage zu thun, nach der bekanntlich Perseus
die Gorgone im Schlafe überfällt (cf. Jahn Annali 1851 S. 170 f.).
Mit dem erwähnten campanischen Gemälde stimmt unser Relief
bezüglich des Perseus und der Medusa im allgemeinen überein;
dagegen liegt in der Ruhe unserer Athene gegenüber der cadirata
fretta' und bewegten Haltung der herculanischen ein tiefgehender
Unterschied, indem die letztere zweifellos neben Perseus als TopYO-
qpövoc; gedacht ist, unsere Athene dagegen nur hilfreich den Schild
als Spiegel hält, wie wir es bei Lukianos Dial. deor. marin. 14, 2
berichtet finden, während anderwärts in der litterarischen Tradition
Perseus selbst den Schildspiegel in der Linken hält.7)

Gewissermaßen eine Abkürzung dieser Darstellung begegnet
uns auf der Vorderseite eines aus Waitzen ins Nationalmuseum

7) Lucan IX 669: et clipeum laevae fulvo dedit aere nitentem; Athene
lenkt dem Zitternden hier selbst die Hand cf. V. 675 f. Ähnlich bei Ovid Met.
IV 782 ff. wo Perseus die schlafende Gorgone tödtet, indes er selbst den
Schild in der Linken hält; übrigens gibt Ovid die Erzählung der Tödtung
episodisch (beachtenswerther Weise in Oratio obliqua, worauf ich demnächst
zurückzukommen denke); V. 800, wo die Art der Bestrafung mit dem Grund
des Zornes der Göttin gar nicht in innerem Zusammenhange steht und nur
durch die Kenntnis einer bei Ovid nicht berührten anderen Version (Serv. ad
Aen. VI 289, Schob Bern, in Lucan. IX 626) über den Anlass von Athene's Zorn
verständlich wird, zeigt die deutliche Spur einer ziemlich flüchtigen Conta-
minationsarbeit; und doch enthält gerade die so leichthin behandelte Stelle
das Metamorphosenmotiv. ■— Zum herculanischen Bilde cf. Jahn Ann. 1851
S. 170, 599. Heibig no. 1182, Untersuch. S. 152. Dilthey Annali 1871 S. 231.
238; für unzweifelhaft wird man das Mitleid als Motiv des Kopfabwendens
bei Perseus jedesfalls nicht halten dürfen.
 
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