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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 13.1890

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Heberdey, Rudolf: Bemerkungen zur Francois-Vase
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https://doi.org/10.11588/diglit.12274#0091

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81

Selbstverständliches, sie für sich allein kann das sichtliche Er-
staunen der Schiffer nicht verständlich machen; auch in der Art,
wie sich dieselbe vollzieht, ist nichts Auffälliges zu finden,8) da-
gegen ist sofort Alles klar, wenn wir folgenden Vorgang als
Vorwurf dem Ganzen zugrunde legen: Theseus hat den Minotauros
getödtet, nach vollbrachter That seine Unglücksgefährten mit
Hilfe der Ariadne durch die Irrgänge des Labyrinthes geleitet
und zieht nun in Tanz und Jubel mit denselben vor ihre gemein-
same Ketterin, um ihr den gebührenden Dank zu erstatten.9)
Da naht das Schiff, die Bemannung erblickt die Verlorengeglaubten,
und ungemessenes, freudiges Erstaunen ergreift sie und gibt sich
in den verschiedensten Gebärden kund.

Vortrefflich vereinigt sich mit dieser Auffassung auch die
Art, wie das Schiff selbst charakterisiert ist. Trotz der heftigen
Erregung nämlich, welche sich der Schiffsmannschaft bemächtigt
hat, lässt sich doch deutlich erkennen, dass vor dem Erscheinen
des Theseus und seiner Genossen jeder an seinem Posten gewesen
war; noch jetzt sitzt ein Theil der Ruderer auf den Bänken, der
Steuermann am Steuer, eine Verbindung mit dem Lande fehlt:
das ist nicht das Bild eines Schiffes, das am Strande liegt.
Andererseits verwehrt der ruhig in seiner icXTOÖoicn liegende
Mastbaum etwa an ein Schiff zu denken, das schon in der Aus-
fahrt begriffen war; ein solches kann nach den Gesetzen der
Typensprache, die gerade in der älteren griechischen Kunst so
streng durchherrscht — nach der constanten Schilderung Homers
wird der Mast aufgerichtet beim Auslaufen, niedergelassen beim
Landen, und zwar letzteres noch bevor das Schiff in den Hafen

8) Man könnte allerdings auf die Überlieferung hinweisen, wonach
Theseus und seine Gefährten nach der Rettung einen besonderen Reigen,
FsQavog genannt, aufgeführt hätten, und in der Eigenart desselben den Grund
des Staunens finden wollen; ganz abweisen lässt sich ja diese Möglichkeit
nicht, indessen ist, glaube ich, die im Texte gegebene Auffassung und Moti-
vierung der Vorgänge eine so viel innerlichere, gemüthlich ansprechendere,
dass wohl kaum Jemand sich jener Möglichkeit zuwenden wird.

9) In dieser Auffassung finde ich auch die Erklärung dafür, dass Phaidimos
nicht wie die Übrigen seine Vorgängerin bei der Hand gefasst hält, sondern
erst nach derselben langt; er ist als Letzter eben herausgekommen und
schließt sich dem Zuge an: so ist in feiner Weise ein wohl auch sonst sich
findender Behelf, durch kleine Variationen der Bewegung dem Ganzen mehr
Leben zu verleihen, aus der Handlung selbst motiviert. Weizsäcker meint,
auf Kreta hätte Theseus keine Zeit gehabt, einen Reigentanz aufzuführen und
verweist auf Schol. Od. XI 321. Abgesehen von dem Unberechtigten einer
solchen Anschauungsweise, hat schon Preller ganz richtig auf Schol. II. XVIII
590 hingewiesen, wo dies geradezu berichtet wird.

Archäologisch-epigraphisehe Mittheil. XIII t)
 
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