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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 13.1890

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Löhr, Friedrich: Achills Auszug aus Skyros
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https://doi.org/10.11588/diglit.12274#0177

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Behandlung gedrängt, da nach den unzweideutigen Versen in der Dar-
stellung der kleinen Ilias Sturm zur Nachtzeit Achill nach Skyros ver-
schlug. Stimmten aber die beiden Gedichte hierin überein, so erhalten
wir in den Kyprien für die bedeutendsten Lebensschicksale eines Haupt-
helden das Ungefähr eines byzantinischen Romans, was Welcker für
das alte Epos trefflich abwies: „Ebensosehr als Wiederholungen, ist es
der Art des alten Epos entgegen, doppelte Anlässe zu verknüpfen und
Zufall und Absicht zu mischen." Jedesfalls würde die nothwendige
Durchführung, Motivierung und Einfügung in den Rahmen der Dichtung
— auch der Conflict mit der Iphigeneia-Erzählung lehrt dies — diesen
Inhalt soweit über bloss episodenhafte Bedeutung hinausheben, dass uns
kein anderer Umstand in Proklos Auszug berechtigt, hier seinem
Schweigen die Beweiskraft zu nehmen.

Aber hiermit sind die Gründe nicht erschöpft. Die der Sage von
Skyros zugrunde liegende Idee kann nur eine tragische sein. Wenn
Thetis Achill seinem Geschick entziehen will, so geschieht es, wie so
oft in der griechischen Sage tiefsinnig geschildert wird, dass, was von
menschlichem Willen vermieden werden wollte, nur in gesteigertem
Conflict herbeigeführt wird. Jetzt hat Achill zwischen Liebesglück und
Thatenruhm, für oder wider Deidameia zu wählen. Achill kann sich
nur einmal und in der einen Weise entscheiden, und damit ist Deidameias
Rolle ausgespielt, wir hören von ihr nichts mehr. Wäre diese Sage
im Epos vorgekommen und die Lösung eine andere gewesen, so hätten
die Tragiker, von denen man in seltsamer Aporie behaupten wollte,
dass sie den skyrischen Stoff nur dem Epos entnehmen konnten, keinen
Anlass zur Behandlung dieses Stoffes gefunden. Und stünden auch
die übrigen Epiker so tief unter Homer im Sinne für das Wesentliche
und echte Einheitlichkeit der Composition, wie es ihnen Aristoteles nach-
sagt, so ist doch keinem von ihnen eine für den Geist der Achillsage so
matte, unerhebliche und widerspruchsvolle Zuthat zuzumuthen, Achill
zum zweitenmal nach Skyros zu führen, nur um Deidameia zu ehelichen
und sofort wieder zu verlassen. Auch kann ich an so krasse Diver-
genzen zwischen Kypria und Ilias nicht glauben, wie sie in dem Aus-
zug von Skyros aus und in dem in aller Form beweibten Achill lägen,
gegenüber den wiederholten ausführlichen Erinnerungen in der Ilias
an den Auszug aus dem Vaterhause in Phthia (v. Sybel, Myth. d. Ilias
p. 145) und den Zeugnissen der Ilias für Achills Unbeweibtheit, be-
sonders da, wie Welcker hervorhob, die Iphigeneia-Episode der Kyprien
wesentlich auf Agamemnons Anerbieten in der Ilias, eine Tochter
Achill zu vermählen, zu fussen scheint. Und wie verständlich ist es
bei Achill, dass auch diese Erfüllung seinem Leben fremd bleibt!
Ebenso sehr verständlich und im Stile des Epos, als andrerseits der

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