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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 13.1890

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Löhr, Friedrich: Achills Auszug aus Skyros
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https://doi.org/10.11588/diglit.12274#0181

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167

Diese Sage, in einfacher Form leicht ebenso alt als die Sagen-
gebilde des Epos, mag manche Wandlung und Steigerung erfahren
haben, besonders mag erst später bedeutendere ethische Vertiefung der
tragischen Fabel zugewachsen sein, als nur einmal der ursprünglich
massgebende Anstoss zu verblassen, dagegen das poetische Motiv fort-
zuwirken begann. Nun konnte es das geringe Land und Volk von
Skyros in der Verbreitung und Beisteuer seiner Tradition zur gemein-
griechischen Sage nicht weiter bringen, als dass versprengte Splitter
derselben in das grosse Epos eindrangen. Dies hat es mit dem nord-
achäischen Helden Achill, mit seinem sagenberühmten Stammsitze, dem
Herde gewaltiger Völkerbewegungen zu thim, und weiss zu erzählen,
was dort und in Kleinasien dem fahrenden Sänger zu erkunden war,
überdies kommt es demselben auf typische Lebensbilder an. Das Epos
klingt die Sage von Skyros nur an, sei es dass es nur Ungenaues und
Widersprechendes darüber wusste, oder dass es sie aus kunstmässig
bewussten Gründen der Composition ausschloss. Sonst begegnen wir
derselben in archaischer Zeit weder in der Kunst noch in der Literatur.
Wenn wir plötzlich auf Polygnots Bild in Athen treffen und sehen, wie
sich die attische Bühne in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts
des eminent tragischen Stoffes bemächtigt, wie dann in alexandrinisch-
römischer Zeit dieser Stoff bei äusserster Beliebtheit in mannigfachen,
traditionell fixirten Typen dargestellt wird, so muss hier wohl ein be-
stimmtes Factum vermittelt und die Localsage dem gemeingriechischen
Vorstellungskreise zugeführt haben. Dies Factum ist ein allbekanntes
und wieder entscheidendes Ereignis der Geschichte von Skyros: die
Begründung der Doloperherrschaft auf Skyros hat unsere Sage hervor-
gerufen, die Vernichtung derselben ihr aber erst zu eigentlichem Leben
verholfen.

Im fünften Jahrhundert war man zu einer bestimmten Zeit in
Athen lebhaft für Skyros interessirt. Ein Orakelspruch hatte befohlen,
Theseus Gebeine würdig in Athen beizusetzen. Dies und dazu über-
haupt die gangbare Sage von Theseus Ermordung auf Skyros bot, wie
es etwa auch in unserem Mittelalter der Fall gewesen wäre, genug
Anlass zu dem regen Wunsch in Athen sich der Insel zu bemächtigen.
Die Gelegenheit fand sich bald. Skyros hatte wieder einmal an
thessalischen Kaufleuten Seeräubereien verübt und war vom Amphi-
ktyonen-Gerichte vcrurtheilt worden. Sehr gerne übernahm Athen die
Execution. Kimon zog 469/8 aus, eroberte die Insel, trieb die Doloper-
Bevölkerung aus und siedelte attische Kleruchen hier an. Theseus
Gebeine wurden im Triumph nach Athen gebracht, und als bleibendes
Denkmal des Eroberungszuges erbaute Kimon das Theseion. Dieser
so intensiven Berührung und erregten Aufmerksamkeit ist es, wie ich
 
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