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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 15.1892

DOI Artikel:
Bormann, Eugen: Inschriften aus Umbrien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12272#0045

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besichtigten, uns nicht gelingen wollte, die Stelle, die für dasselbe
o-edient haben könnte, zu ermitteln. Eine solche Aufstellung des Bild-
nisses eines lebenden römischen Kaisers im Innern eines Wohnhauses
ist nach literarischen Zeugnissen allerdings in Rom selbst ziemlich
häufig gewesen, mag auch in Provinzialhauptstädten öfter vorgekommen
sein; aber für eine italische Municipalstadt wie Spoleto, das nicht
einmal an einer der Hauptheerstraßen lag, ist sie immerhin auffallend.4)
Hier um so mehr, als die Persönlichkeit, die sich als die errichtende
nennt, eine Frau ist. Mit richtiger Empfindung, glaube ich, sagte
Gamurrini, der die Inschrift fälschlich auf Claudius bezog, a. a. 0.
S. 327: ^Per la quäle lapide marmorea, che poteva essere esposta nelV
atrio e presso Vara, inclino a credere che questa sia stata la casa di
Polla, donna di una famiglia favorita da Claudio." Aber welchen
Grund hatte die Hauseigenthümerin Polla, in einer in Spoleto wohl
sicher ungewöhnlichen Weise ihre Ergebenheit für Kaiser Grajus zeigen
zu wollen?

Vielleicht gestatten einige Thatsachen, deren Kenntnis wir fast
ausschließlich Sueton verdanken, die Persönlichkeit unserer Polla zu
bestimmen und damit auch die aufgeworfene Frage zu beantworten.

Das Cognomen Polla gehört, ohne gerade besonders selten zu sein,
doch nicht zu den häufigen. Die bekannteste Frau, die diesen Namen
führte, ist Vespasia Polla, die Mutter Vespasians, und in gewissem
Sinne die Begründerin der flavischen Dynastie, und wenn mich nicht
alles täuscht, haben wir eben sie hier zu erkennen. Sie war geboren
als Tochter eines angesehenen Mannes aus dem Ritterstande, der eine
längere militärische Dienstzeit hinter sich hatte, mit Namen Vespasius
Pollio, in dem sabinischen Municipium Nursia, dem heutigen Norcia.
Verbunden wurde diese in den Bergen abseits gelegene Stadt mit dem
übrigen Italien durch eine Straße nach Spoleto, der nächsten Stadt in
der an das Sabinerland angrenzenden Landschaft Umbrien, und an
dieser Straße hatte die Örtlichkeit auf der Höhe der Bergkette, die das
Gebiet von Nursia von dem von Spoletium schied, noch zu Suetons Zeit
ihren Namen nach der väterlichen Familie der Vespasia Polla (wenn nicht
nach ihr selbst) und hatte schon seit langer Zeit in deren Eigenthum
gestanden.0) Wenn wir nun in genau entsprechender Zeit in der Stadt

4) Aus Pompeji ist meines Wissens kein Fall bekannt. — Ovid brachte in
seinem Haus in Tomi ein sacrum Caesaris zur Schau (ex Ponto IV 9, 105 ff.), in
welchem außer der Statue des divus Augustus auch die des Tiberius, der Livia und
des Germanicus und Drusus zu sehen waren, aber er wollte damit auch, wie er selbst
sagt, seine Ergebenheit gegen das kaiserliche Haus zeigen.

5) Ich setze die Angabe Suetons in der Lebensbeschreibung des Vespasian
■>• i über die Herkunft und Familie der Polla her: Polla Nursiae honesta geuere orta

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