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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 15.1892

DOI Artikel:
Bormann, Eugen: Inschriften aus Umbrien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12272#0046
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Spoleto selbst eine Polla als Eigenthümerin eines stattlichen Hauses
finden, so darf die Identificierung der beiden Persönlichkeiten wohl
ohne Weiteres als wahrscheinlich gelten. Bewiesen aber wird dieselbe,
glaube ich, ausreichend dadurch, dass bei ihr die aus unserer Inschrift
sich ergebende auffallende Thatsache durchaus begreiflich wird.

Vespasia Polla, die als Witwe eines Flavius Sabinus mit zwei
Söhnen, Sabinus und Vespasianus, zurückgeblieben war, und deren
Bruder Senator geworden war und es zur Praetur gebracht hatte, hatte
bei ihrem Wunsche, auch ihre beiden Söhne in die senatorische Lauf-
bahn zu bringen, anfangs Mühe das hartnäckige Widerstreben ihres
zweiten Sohnes selbst zu überwinden.6) In dieser Laufbahn war das
Wohlwollen des Kaisers ausschlaggebend, und nach Suetons Bericht
hat Vespasian, nachdem er bei der Aedilität Schwierigkeit gefunden
hatte, bei der Praetur kein Mittel unversucht gelassen, sich die Gunst
des Kaisers Gajus zu erwerben.7) Nicht nur begreiflich, sondern fast
unvermeidlich, dass seine ehrgeizige Mutter ihn dabei unterstützte,
indem auch sie auf jede Weise die Ergebenheit und Dankbarkeit für
den Kaiser zum Ausdruck brachte. Wir werden also einen Zusammen-
hang, und nicht nur der Zeit, darin erkennen dürfen, dass sie in
ihrem Hause in der Municipalstadt ein Bildnis Caligulas anbringt und
dass dieser von ihrem Sohne in feierlicher Senatssitzung eine Dank-
sagung dafür erhält, dass er ihn der Ehre einer Einladung zu Tisch
gewürdigt habe.

Eine gewisse weitere Bestätigung für die Richtigkeit unserer Ver-
muthung wird dadurch gegeben, dass in unserer Inschrift die Ergänzung
des Namens zu dem der Vespasia Polla genau mit den Raumverhält-
nissen stimmt. Sicher ist die Ergänzung von Z. 1 und dem zu Anfang

patrem habuit Vespasium Pollionem ter tribunum militum praefectumque castrorum, fratrem
senatorem praetoriae dignitatis. Locus etiam ad sextum miliarium a Nursia Spoleüum
euntibus in monte summo appellatur Vespasiae, ubi Vespasiorum complura monumenta
extant, magnum indicium splendoris familiae et vetustatis. Es scheint mir nicht ausge-
schlossen, dass Vespasiae hier als Genitiv zu betrachten und der locus Vespasiae auf
unsere Polla zu beziehen sei. Indess ließe sich auch die wie es scheint gewöhnliche
Auffassung als Nominativ Pluralis etwa durch Ergänzung von tabernae rechtfertigen.

6) Leben Vespasians C. 2: (Vespasianus) latum clavum quamquam fratre adepio
diu aversatus est nec ut tandem appeteret compelli nisi a matre potuit. Ea demum extudit
magis convicio quam precibus vel auctoritate, dum eum identidem per contumeliam ante-
ambulonem fratris appellat.

7) C. 2: aedilitatis ac mox praeturae candidatus, [illjam non sine repidsa sextoque
vix adeptus est loco, [h]a[n]c prima statim petitioi.e et in primis; praetor infensu[m] senatui
Gaium ne quo non genere demereretur, ludos extraordinarios pro victoria eius Germanica
depoposcit poenaeque coniuratorum addendum censuit ut insepulti proicerentur. Egit et
gratias ei apud ampUssimum ordinem, quod se honore caenae dignatus esset. Ich gebe
den Text nach Roth.
 
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