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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 18.1895

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Zingerle, Josef: Lekythos aus Eretria
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https://doi.org/10.11588/diglit.12277#0172
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102

Lekytlios aus Eretria.

Das Gefäss, dessen bildlicher Schmuck beistehend wiederholt ist,
stammt aus Eretria und befindet sich gegenwärtig im Nationalmuseuni
zu Athen. Die Zeichnung ist in schwarzem Firnis auf hellem Grunde
aufgetragen. Eine Deutung hat 31. Mayer (Athenische Mitth. XYIS. 300 ff.
Tafel IX) versucht. Das Problem von neuem aufzunehmen, veranlassen
mich bestimmte, aus der Darstellung selbst sich ergebende Anhalts-
punkte, welche mir dieselbe in einen anderen, als den von Mayer
vermutheten Vorstellungskreis zu verweisen scheinen. Bezüglich alles
Details und der stilistischen Würdigung darf ich aber auf seine Ab-
handlung verweisen.-

Den Mittelpunkt der Scene bildet ein altes nacktes Weib, das mit
Händen und Füssen an einen Palmbaum gefesselt ist. Der klobige
Kopf, die gestülpte Nase, welke, hängende Brüste verleihen ihr ein
megärenhaftes Aussehen. Links hinter dem Baume ein Satyr, der an-
scheinend die Fesseln anzieht und sie mit einer dreischwänzigen Peitsche
prügelt. Ärgeren Martern unterwerfen sie zwei Satyrn rechts; der eine
vor ihr knieende sengt ihre Schani mit einer brennenden Fackel,
während der andere vor ihr stehende mit einer Zange im Begriffe ist
ihr die Zunge aus dem weitgeöffneten Munde zu zerren, und die hervor-
quellenden, grässlich verdrehten Augen veranschaulichen ihre Qualen.
Auf ihre Vernichtung scheint es dann ein dritter Satyr abgesehen zu
haben, der herbeieilt, um eine hoch erhobene Keule auf sie herabzu-
schmettern. Unthätig aber steht am rechten Ende des Bildes ein vierter
Satyr, auf einen Stock gestützt; abweichend von den übrigen Figuren
ist er in Vordersicht gezeichnet.

Die höchst merkwürdige Darstellung steht ohne Seitenstück da.
Mit Sicherheit lässt sich zunächst nur erkennen — das hat schon
Mayer gesehen — dass sie Elemente einer Theaterscene enthält. Darauf
führen die Satyrn, insbesondere der in der rechten Ecke stehende, in
dem Mayer den Chorführer vermuthet, der, gegen das Publicum ge-
wendet, seine Witze reisse. Damit erhellt als Vorwurf der Darstellung
 
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