Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 19.1896

DOI Artikel:
Gurlitt, Wilhelm: Pettauer Antiken
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12266#0025
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
15

schmückt, auf dem linken Arme trägt sie ein (sehr beschädigtes) nacktes,
kleines Kind, das mit dem rechten Händchen nach der vom Gewände
bedeckten linken Brust seiner Pflegerin greift. Diese hält in der ge-
senkten Rechten eine Scheibe, in der Cagnat, wie ich glaube, mit Hecht
ein Brot oder einen Kuchen erkennt. Dass wir wirklich eine Nutrix
vor uns haben, beweist aufs bündigste die oben abgebildete und be-
schriebene Hauptfigur der Denkmäler von Unter-Haidin und so ist durch
ein merkwürdiges Zusammentreffen die Gestalt, unter der die alte
Kunst die Nutrix bildete, fast zu gleicher Zeit an zwei weitentfernten
Sitzen ihrer Verehrung festgestellt worden.

Diese Gestalt selbst freilich ist keine neue Erscheinung, sie ist
uns aus griechischer und italischer Kunst längst vertraut, um von
der Kunst des Orients und Ägyptens bei dem folgenden raschen Über-
blick abzusehen. Besonders häutig kommen hiehergehörige Monumente
auf Kypros vor. So besitzt unser Grazer Antiken-Cabinet 37 kleine
Votivreliefs aus dem weichen weissen Kalkstein der Insel, die der ver
storbene Professor der Botanik, Unger, im Sommer 1862 in Larnaka
auf Kypros, als aus Dali (dem alten Idalion) stammend, erworben
und dann dem Landesmuseum geschenkt hat.11) Sie sind von P. Per-
vanoglu beschrieben 12) und stellen sämmtlich eine thronende mütterliche
Göttin dar, stets voll bekleidet, manchmal verschleiert, die ein Wickel-
kind auf dem Schoosse hält. 14 identische Reliefs aus demselben Steine,
die sich in der Sammlung der archäologischen Gesellschaft zu Athen
befanden, erwähnt U. Köhler.13) Zahlreiche gleiche Darstellungen hat
Palma di Cesnola bei seinen erträgnisreichen Ausgrabungen in dem
nahe bei Dali gelegenen Athienu (dem alten Golgoi) gefunden, die in
das Metropolitan-Museum in New-York und in andere Sammlungen ge-
kommen sind.14) Dieser Typus scheint nur in Dali und Athienu vor-
zukommen ; dagegen ist ein stehender Typus aus ganz Kypros zahlreich
bezeugt. Besonders häutig finden sich rohe Idole aus Terracotta von

«) F. Unger u. Th. Kotschy Die Insel Cypern, Wien 1865 S. 538.

12) Bull. d. inst. 1868 S. 221 ff.

13) Bull. 1865 S. 135; eines derselben veröffentlicht und besprochen von
Vidal-Lablache rev. arch. 1869 I S. 341. Zwei andere, gefunden 1867 am Nordabhang
des Ambelliri bei Dali abgeb. ebenda Taf. VI mit kurzem Texte von C. Ceccaldi
S. 257 f. Ansicht dieses Hügels bei Unger S. 537 und P. di Cesnola Cyprus,
London 1877 S. 96.

14) Ein Exemplar abgeb. bei Perrot et Chipiez Histoire de l'art daus l'antiquite
III Fig. 377 S. 554. Döll Die Sammlung Cesnola ist mir hier nicht zugänglich.
Eine thronende Frau mit Kind im .Schoosse aus einem Grabe bei Polis tis Chrysochu
(abgeb. Journal of Hellenic studies XII (1891) Fig. 6 S. 325) zeigt anderes Material
und anderen Typus.
 
Annotationen