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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 19.1896

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Szántó, Emil: Zu den Tetralogien des Antiphon
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https://doi.org/10.11588/diglit.12266#0081
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Zu den Tetralogien des Antiphon.

Dittenbergerx) hat kürzlich den Nachweis geführt, dass Antiphon
oder wer sonst in seiner Zeit die Tetralogien verfasst hat. in der Be-
handlung der tingierten Rechtsfälle nicht einmal die Absicht gehabt
habe, sicli auf wirklich zu Recht bestehende attische Gesetze zu stützen.
Das von ihm mehrfach erwähnte Gesetz, welches sowohl den gerechten
wie den ungerechten Todtschlag verboten haben soll, kann in Athen
niemals bestanden haben. Die Stellen, welche straflosen Todtschlag be-
zeugen, sind bekannt genug und erhalten Bestätigung durch die Nach-
richt, dass Processe, in denen der des Mordes Beschuldigte erlaubten
Todtschlag begangen zu haben behauptete, vor dem Gerichtshofe am
Delphinion abzuhandeln waren, eine Nachricht, die. wie wir jetzt wissen,
auf Aristoteles iroXcisfa 'AäTjvaiwv zurückgeht.

Blosse Declamationcn sind aber die Tetralogien auch nicht. Ihr
Zusammenhang mit den Ideen ihrer Zeit und die Ernsthaftigkeit ihrer
dialektischen Auseinandersetzungen sind in mehreren Untersuchungen
mit Glück dargethan worden. Es lohnt also die Mühe zu fragen, welche
Absicht der Verfasser dieser Reden hatte, als er sie seinem Publi-
cum vorlegte, warum er die Fälle so fingierte, wie er es gethan, und
warum er weiters ein Gesetz erfand, das nicht nur nie existiert hat.
sondern auch in offenkundigem Widerspruch mit bestehenden und all-
gemein bekannten Gesetzen stand.

Sämmtliche drei Tetralogien behandeln Todtungsdelicte. jede aber
ein anderes und zwar typisches. Hätten diese Fälle sich wirklich ereignet,
so hätte jeder von ihnen nach attischem Recht vor ein anderes Forum
gebracht werden müssen. Der in der ersten Tetralogie behandelte Fall
eines yivos bwooio; hätte vor dem Areopag. der Fall der zweiten
Tetralogie, ein tpövoc axoöcrio;, vor dem Palladion und der der dritten
— nennen wir ihn y6voc Sbtoto; — vor dem Delphinion verhandelt
werden müssen. Der Verfasser der Reden hat also die drei Hauptarten
des (povo? dialektisch behandeln wollen. Die vor die Gerichtshöfe am
Prytancion und zu Phreatto gehörigen Rechtsfidle, nämlich die Processe
gegen leblose Dinge, die den Tod eines Menschen verschuldet hatten.

') Hermes XXXI S. 271 ft'.
 
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